Planung und Bau des umstrittenen Kohleraftwerks Rampal im Süden Bangladeschs, koordiniert das schwäbische Familienunternehmen Fichtner (Kontext berichtete). Seit Bekanntwerden der Pläne vor einem Jahrzehnt laufen Anwohner und Umweltschützer Sturm gegen das Kraftwerk, das die staatliche indische Thermal Power Corporation (NTPC) gemeinsam mit dem bangladeschischen Power Development Board realisiert. Nach der geplanten Inbetriebnahme im Jahr 2022 wird Rampal das größte Kraftwerk des südasiatischen Landes sein.
Kritik erntet das Fichtner-Projekt unter anderem, weil es eine Fläche von rund 750 Hektar an fruchtbarem Boden verbraucht, der in dem überbevölkerten Land immer knapper wird. Seine 1320-Megawatt-Blöcke sollen zudem in nur vierzehn Kilometern Entfernung von den berühmten Sundarbans entstehen, den größten und artenreichsten Mangrovenwäldern der Welt. Diese wurden 1997 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.
Nach Berichten des "Daily Stars", einer der größten englischsprachigen Tageszeitungen Bangladeschs, verletzt das Projekt Vorgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung. So genehmigte das Energieministerium zwar am 1. August 2013 den Bau, formulierte danach aber Umweltschutzbedingungen, die das Kraftwerk erfüllen muss. Dabei verstößt schon der Standort gegen eine der wichtigsten Forderungen, nämlich dass dieser außerhalb eines Radius von 25 Kilometern um ein ökologisch sensibles Gebiet sein muss.
Gummigeschosse gegen Demonstranten
Schon seit langem fürchten Wissenschaftler und Aktivisten, dass das Kraftwerk für den Mangrovenwald katastrophale Folgen haben könnte. Die Regierung unter Ministerpräsidentin Sheikh Hasami stellte sich jedoch gegen Aufrufe zum Abbruch oder zur Verlagerung des Projekts. Stattdessen bestand sie darauf, dass das Kraftwerk keinen Schaden anrichten wird. Gegen Demonstranten setzten die Sicherheitskräfte in der Vergangenheit Tränengas und Gummigeschosse ein.
Die Schadstoffemissionen von Kohlekraftwerken bedrohen die Wälder und die Gesundheit von rund 2,5 Millionen Menschen, die in den Küstengebieten wohnen, warnt dagegen Meenakshi Ganguly in einem aktuellen Aufsatz. Die Südasien-Direktorin von Human Rights Watch verweist auf den Zyklon Amphan, den stärksten Tropensturm seit 20 Jahren im Golf von Bengalen, der im vergangenen Mai auf die Küsten Indiens und Bangladeschs traf. Amphan riss Dächer ab, spülte Häuser weg und überflutete Felder. "Entscheidend war, dass Bangladesch aufgrund seines Notfallsystems mit Frühwarnungen und Massenevakuierungen in der Lage war, die Auswirkungen zu mildern und Leben zu retten. Und weil die Küstengemeinden durch den Sundarbans geschützt wurden", schreibt sie.
Tatsächlich fungieren die Mangrovenwälder als natürliche Wellenbrecher an den Küsten des Landes. Zudem schützen die Wurzeln der salztoleranten Bäume vor Erosion, trotz des ständigen Wechsels der Gezeiten. "Der Klimawandel verstärkt die Intensität extremer Wetterereignisse wie Amphan und gefährdet damit die Sundarbans, wenn sie am meisten gebraucht werden", warnt Ganguly. Zur Stromerzeugung auf fossile Energieträger zu setzen, sei unverantwortlich. "Während die Mangroven den Klimawandel verlangsamen, indem sie Kohlenstoff aufsaugen, tragen Kohlekraftwerke zu Treibhausgasemissionen bei, die die globale Erwärmung weiter anheizen."
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