Der Dschungel liegt in Böblingen rund um die Ruinen der Hohenstaufenstraße und ist außerordentlich hübsch. Direkt vor der Eingangstür eines dieser alten, verfallenen Mehrfamilienhäuser wächst ein Baum, der über die Jahre stattliche Ausmaße angenommen hat. Wein rankt in zersplitterte Fenster, Buschwerk hat den Raum zwischen den Gebäuden nahezu undurchdringlich bewuchert, eine mittelgroße Eiche ist auf dem Weg, eine große zu werden, und unter einer rostigen Wäschestange, wie sie alte Häuser gerne mal haben, blühen kleine Blümchen in gelb und lila. Igel soll es hier geben, Eidechsen, Spechte, sogar ein Eichelhäher wurde in diesem kleinen wilden Wald mitten in der Stadt schon gesichtet. Vor einem der Häuser steht seit Jahren ein Schuttcontainer, in dem momentan Hunderte gut gelaunter Mückenbabys darauf warten, endlich zu Blutsaugern zu werden. Warum auch immer da ein Container steht: Seit gut 30 Jahren wird an dieser Stelle weder saniert noch abgerissen noch neu gebaut. Dabei wäre es doch lohnenswert gewesen, diese Wohnungen irgendwann in der Vergangenheit mal instand zu setzen.

Liebevolle Aufzuchtstation von etwa drölftausend Mückenbabys.
Die Häuser gehören der Kreisbaugenossenschaft Böblingen, errichtet wurden sie in den Dreißigerjahren, vor dem Zweiten Weltkrieg. Anfang der Neunziger ließ die Kreisbau drei der alten Gebäude abreißen und neue, massivere hinbauen. Eine Entwicklung, die die Stadt Böblingen wenige Jahre später stoppte: Die noch geplanten neuen Gebäude seien zu groß und zu klobig. Der Bebauungsplan änderte sich, schrieb kleinere Häuser vor und mehr grün, die Baugenossenschaft war sauer und fand das nicht wirtschaftlich. Dann war Sendepause. Und so verfielen die fünf Häuser auf der – vom Blumenladen Stierle-Wagner aus betrachtet – rechten Straßenseite mit jedem Jahr ein bisschen mehr. Auch auf der linken Straßenseite gehören der Kreisbau mehrere Mehrfamilienhäuser, da sieht es aber nicht so schlimm aus.
Dann aber! 2018 in einer Sitzungsvorlage des Gemeinderats findet sich der Vermerk: "Über einen längeren Zeitraum hinweg wurde in mehreren Gesprächsrunden zwischen Verwaltung und Kreisbaugenossenschaft versucht, das richtige Maß für eine Nachverdichtung zu finden." Wieder änderte die Stadt den Bebauungsplan für das Gebiet, die Kreisbau legte neue Pläne vor. Etwa 50 Wohnungen sollten neu gebaut werden.
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Philipp Horn
am 15.07.2024