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Wilhelm-Raabe-Straße 4

Sechs Jahre Leerstand

Wilhelm-Raabe-Straße 4: Sechs Jahre Leerstand
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Seit 2018 stehen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 im Stuttgarter Süden vier von fünf Wohnungen leer. Die reichen Eigentümer tun nichts, die Stadt Stuttgart auch nicht, trotz Zweckentfremdungsverbot. Ein Stadtrat der Linken will nun eine Klage prüfen lassen.

In Kreisen, die sich mit bezahlbarem Wohnen in Stuttgart befassen, hat es das Haus Wilhelm-Raabe-Straße 4 zu zweifelhaftem Ruhm gebracht Erst stand es beinahe leer, dann wurden zwei der Wohnungen unter dem Beifall der Nachbarschaft von einem Paar mit Baby und einer Mutter mit Kind besetzt. Das war 2018, fast genau vor sechs Jahren. Lange Zeit hatten die Familien vergeblich nach für sie bezahlbaren Wohnungen im gesponnen teuren Stuttgart gesucht. In der Raabe-Straße wollten sie sogar Miete zahlen, 650 und 700 Euro kalt. Dann wurde das Haus geräumt. Anstatt die vier Wohnungen zu vermieten, ließen die Eigentümer Kameras innen und außen installieren, Türen mit Brettern vernageln und eine handfeste Mauer quer durch den mit den Nachbar:innen gemeinschaftlich genutzten Innenhof bauen.

Die Besetzer:innen wurden angezeigt und standen vor Gericht, selbst eines der Kinder bekam Post von einer Anwaltskanzlei und wurde für die Kosten der Räumung von rund 10.000 Euro haftbar gemacht. Angezeigt wurden ebenfalls drei linke Stadträte – Tom Adler, Hannes Rockenbauch und Luigi Pantisano – weil sie in den Räumen der Wilhelm-Raabe-Straße eine Talk-Runde zu Leerstand in Stuttgart aufgezeichnet hatten. Auch eine reguläre Mieterin bekam Probleme, ihr wurde gekündigt, weil sie den Besetzenden die Eingangstür aufgemacht haben soll.

Immer wieder hieß es seit 2018 von Seiten der Eigentümer, einem Ehepaar aus London, das in Immobilien macht, es würde demnächst mit Renovierungsarbeiten begonnen, um die leeren Wohnungen mietbereiten Stuttgarter:innen zur Verfügung stellen zu können. Die Renovierung verzögert sich leider ständig, seit Jahren schon, bis heute zumindest ist nichts passiert.

Die Landeshauptstadt hat gegen Leerstand zu Spekulationszwecken 2016 ein Zweckentfremdungsverbot erlassen. Bis zu 50.000 Euro soll das im schlimmsten Fall unwillige Hausbesitzer:innen kosten. Greifen soll das Ganze, sobald Wohnraum für mehr als sechs Monate ohne triftigen Grund leer steht. Allein – der Baufreigabeschein im Fenster der Wilhelm-Raabe-Straße 4 hängt schon länger. Die Stadt hatte in der Vergangenheit zwar versucht, irgendwie vermittelnd an die Eigentümer heranzutreten, allerdings vergeblich, auch die wird hingehalten. Was also bleibt? Vielleicht die Stadt Stuttgart zu zwingen, nach so langer Zeit endlich, endlich eine ordentliche Kostennote gen England zu senden. Wie schwer kann das sein? Wird sich zeigen. Stadtrat Pantisano hat nun angekündigt, eine Untätigkeitsklage gegen die Stadt prüfen zu lassen.


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6 Kommentare verfügbar

  • Jue.So Jürgen Sojka
    am 20.04.2024
    Antworten
    SWR STORY Sa. 20.04. um 11:15 Uhr Viele Normen - Teure Wohnungen? - Vom Bürokratiewahnsinn im Wohnungsbau
    Vorgaben, Richtlinien und Normen verteuern das Wohnen. Doch sind all die Normen und Vorschriften wirklich notwendig? Oder sind einige davon nur Preistreiber? Welche Rolle spielt das deutsche…
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