"Die Leute winken vom Bauzaun", erzählt Kestas, mit vollem Namen Kestutis Svirnelis. "Rufen, hey, komm mal her! Was soll das?" Dann erklärt er seine aufblasbare Skulptur in der Grube am Cannstatter Wilhelmsplatz, wo vor Kurzem noch der Kaufhof stand: eine riesige Wurst, wie der Künstler sagt, über der sechs etwas kleinere Würste liegen. In dieser Größe, unter freiem Himmel, ist das für ihn Neuland. Die Würste haben Ventile, damit sie nicht platzen. Sie sind vertäut, damit sie sich bei Wind nicht über den Bauzaun davonmachen.
Kestas will Kunst machen, mit der alle etwas anfangen können: Handwerker:innen, Schüler:innen, alle, die es bislang nicht so mit der Kunst haben. Das gefällt ihm. Aber dekoriert seine Kunst nicht nur eine Bausünde? Nach den Kriterien der Architektenverbände hätte der Kaufhof nicht abgerissen werden dürfen. Und nach dem EU-Leitbild der Stadtplanung, der Neuen Leipzig Charta, sollte Stadtentwicklung kooperativ und gemeinwohlorientiert sein. Hier in Bad Cannstatt aber soll der Stadtraum einmal mehr kommerziell verwertet werden.
Kann Kestas' Arbeit daran etwas ändern? Das sicher nicht. Sie ist nur der sichtbarste, öffentlichkeitswirksamste Bestandteil der zweiten Ausgabe des Festivals "Current – Kunst und urbaner Raum", das danach fragt, "was künstlerische urbane Praxis mit Stadtentwicklung zu tun hat". Diesmal also in Cannstatt, früher eine eigene Stadt und viel älter als Stuttgart, zu dem es seit 1905 gehört.
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