"Nichts mehr davon, ich bitt' euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen, habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst." Zugegeben, das Schiller-Zitat ist geklaut: aus der Einleitung von Andreas H. Schmidt, Redakteur der Straßenzeitung "Trott-War", zu Andreas Strunks Buch "Ambulante Wohnungslosenhilfe". Strunk hat die Ambulante Hilfe in Stuttgart in den 1970er-Jahren gegründet. Das Cover des Buchs zeigt den Abbruch des ehemaligen Obdachlosenasyls in der Nordbahnhofstraße, das er einst geleitet hat. Ein sprechendes Bild.
Eigentlich war Strunk Architekt. 1943 geboren, hat er das Fach, nach einem kurzen Versuch mit der Theologie in Tübingen, in Stuttgart studiert und wurde bald Mitarbeiter, dann auch Redakteur der hier gegründeten, heute in Berlin ansässigen linken Architekturzeitschrift "arch+". "Sachzwang herrscht dort, wo die Institutionen der Öffentlichkeit vertrocknet sind", schreibt er im Juli 1970 in einem Artikel zum Thema "Provocacy Planning" über "Altenwohnen in Stuttgart-Ost". Ein Zitat, das viel von seiner Haltung verrät.
Wie aber kommt man von der Architektur zur Obdachlosenhilfe? "Das kann ich Ihnen erzählen", sagt Strunk, der mit seinen fast achtzig Jahren noch immer viel als Berater unterwegs ist. Im September war er bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der selbst 1991 eine Doktorarbeit unter dem Titel: "Bürger ohne Obdach" angefertigt hat. An den Wänden von Strunks Wohnung hängt Kunst, wo immer sich Platz findet. In seinen Regalen stehen heute aktuelle Bücher: Doug Sanders' "Arrival City"; Werke von Thomas Piketty und David Graeber, dem Initiator von Occupy Wall Street.
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