Es war topsecret. Nur sechs Personen wussten, dass Josip Broz Tito, der Staatschef des kommunistischen Jugoslawien, von 1953 an in Konjic, 40 Kilometer südlich von Sarajewo, einen Bunker für sich, seine Frau, die Generäle und 350 wichtigsten Personen des Landes ausheben ließ, der auch einem Atomschlag standhalten sollte. Bis 1979 wurde daran gebaut, ein Jahr später starb Tito. Doch erst nach den Jugoslawienkriegen kam die Sache ans Licht. Der Kalte Krieg war vorbei. Der Atombunker war nicht gebraucht worden. Jugoslawien war nicht durch Angriffe von außen, sondern durch innere Kriege kaputt gegangen.
Tito war nicht der Einzige. Auch in Prag gruben sich die Machthaber schon in den 1950er-Jahren unter dem Hradschin ein Tunnelsystem, atombombensicher, aber auch als Refugium vor möglichen Volksaufständen. In Budapest war der Berg unter der Burg von Buda ebenfalls durchlöchert von unterirdischen Gängen, die von einem natürlichen Höhlensystem ausgehend bereits im Zweiten Weltkrieg als Krankenhaus genutzt wurden. Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki hatten den Kommunisten vor Augen geführt, welches Vernichtungspotenzial der Klassenfeind besaß. Nur bei Tito war es etwas anders. Er war aus dem Ostblock ausgetreten und erhielt finanzielle Unterstützung von den Amerikanern.
In der Zeit von Mauerbau und Kubakrise begannen auch westliche Politiker, sich um ihr Überleben Sorgen zu machen. Der Bonner Regierungsbunker in der Eifel wurde 1960 in Angriff genommen, als "Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes im Krisen- und Verteidigungsfall zur Wahrung von deren Funktionstüchtigkeit", lautet der offizielle Titel. Alle zwei Jahre fanden in der Nähe NATO-Übungen statt. 897 Büros waren Teil der Anlage, die, da sie sich alte Eisenbahntunnel aus dem Ersten Weltkrieg zunutze machte, bereits 1972 fertig war: sogar sieben Jahre vor Tito.
Einen Regierungsbunker, ebenfalls streng geheim, baute sich zur selben Zeit auch die nordrhein-westfälische Landesregierung. In Stuttgart dagegen fand zwar schon 1956 in der Rotebühlkaserne eine Ausstellung statt: "So schützt man sich im Atomkrieg". Aber zu einem richtigen Atombunker für die baden-württembergische Landesregierung kam es nicht. Dafür wurden beim S-Bahn-Bau in den 1970er-Jahren die Stationen der unterirdischen Strecke gleich als Atombunker konzipiert, allen voran die Station Stadtmitte. Langsamer ging es auch in der DDR voran. Dafür war Erich Honeckers "Hauptführungsstelle des Nationalen Verteidigungsrates", Deckname Perle, der modernste Atombunker des Ostens.
Viele Museen, aber nur eine Kunstausstellung
"Erkennen Sie die Ehrfurcht und Angst, die das Leben während des Kalten Krieges in Prag prägten", wirbt heute das Nuclear Bunker Museum der tschechischen Hauptstadt. Im Bonner Regierungsbunker befindet sich eine Dokumentationsstätte. Den der NRW-Landesregierung hat der Schwiegersohn des einstigen Verwalters gekauft, um daraus ebenfalls eine Dokumentationsstätte zu machen. Der DDR-Führungsbunker ist geschlossen, in der Anlage in Budapest befindet sich ein Felsenkrankenhaus-Atombunker-Museum. Aber eine Biennale zeitgenössischer Kunst – das gibt es nur in Titos Atombunker in Konjic.
Und das kam so: Als nach dem Ende der Balkankriege Jugoslawien in kleine Nationalstaaten zerfallen war, wollte das Künstlerpaar Edo und Sandra Hozić die Verbindungen wieder herstellen. Es gelang ihnen, den Bunker für die D0-ARK Underground Biennale zu bekommen. ARK steht für Atomkriegskommando. "Das Ziel des Projekts D0-ARK Underground ist es, für Menschenrechte und Toleranz zu werben", erklären die Initiatoren, ebenso für "demokratische Werte, Mitgefühl, soziale und kulturelle Gleichberechtigung". Die beteiligten Künstler sollten sich mit dem Ort auseinandersetzen, ihre Werke sollen vor Ort bleiben und Teil einer wachsenden Sammlung und schließlich eines Museums werden.
2011 fand die Biennale zum ersten Mal statt. Die Kuratoren kamen aus Serbien und Montenegro. Beim zweiten Mal kamen sie aus Kroatien und der Türkei, beim dritten Mal aus Österreich und Albanien. Mit der vierten Ausgabe, die noch bis 21. Oktober läuft, haben die Hozićs die Direktoren des Württembergischen Kunstvereins (WKV), Hans D. Christ und Iris Dressler beauftragt. Mit Fördermitteln knapp ausgestattet, haben sie sich auf sechs Künstler beschränkt: den katalanischen Fotografen Jorge Ribalta, die Italienerin Annalisa Cannito, die in Berlin lebenden Künstler Jan Peter Hammer und Jan-Peter E. R. Sonntag, sowie das rumänische Künstlerpaar Dan und Lia Perjovschi. In ihrer aktuellen Ausstellung im WKV erweitern sie das Programm auf rund zwanzig Positionen.
Info:
Im Württembergischen Kunstverein in Stuttgart ist die Ausstellung "Titos Bunker" noch bis zum 6. August 2017 zu sehen. Das Programm (mit Filmen und Führungen) ist <link http: www.wkv-stuttgart.de programm ausstellungen titos-bunker _blank external-link>unter diesem Link zu finden.
Die Ausstellung des "4th Project Biennial D0-ARK Underground" in Konjic geht noch bis zum 21. Oktober 2017. Geöffnet ist jeweils montags, mittwochs, freitags und samstags. Landkarte zur Anfahrt, Kontaktadressen und mehr zum Projekt gibts <link http: www.bijenale.ba _blank external-link>unter diesem Link.
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Charlotte Rath
am 14.06.2017„Die Bundesregierung folgt ... offenbar einer Demarche…