Am Anfang war die Zielvorstellung: Für das Amt des ranghöchsten Polizisten im Lande hatte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) einen klaren Wunschkandidaten. Damit sein Protegé Andreas Renner im November 2020 als Inspekteur der Polizei (IdP) antreten konnte, beauftragte der Minister das Landespolizeipräsidium damit, ein "rechtskonformes Verfahren" durchzuführen. Das war allerdings nicht so einfach: Denn eigentlich sollen im öffentlichen Dienst die bestqualifizierten Bewerber:innen zum Zug kommen, das Grundgesetz definiert in Artikel 33 alle Deutschen hätten entsprechend ihrer "Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte". Im Fall von Andreas Renner erwies sich dieser Anspruch als Problem: denn im Vergleich zu potenziellen Kontrahent:innen hatte er zu schlechte Noten.
Dass der Minister dennoch bekam, wen er wollte, lag an verwaltungsrechtlichen Kunstgriffen, die zwar eindeutig dem Fairnessgebot in der Verfassung zuwiderlaufen, sich aber offenbar in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Zumindest betont Dietrich Moser von Filseck, dass es bei solchen Entscheidungen "Ablaufspielregeln und Freiräume" gebe. Filseck war beim Landespolizeipräsidium zwischen 2014 bis zu seiner Pensionierung 2022 Leiter des Referats Personal- und Organisationsmanagement und gleichzeitig stellvertretender Landespolizeipräsident. Das Innenministerium verabschiedete den loyalen Staatsdiener voll des Lobes in den Ruhestand: Unter Referatsleiter Filseck, hieß es bei seiner Verabschiedung, habe es "keine bedeutende Reform oder konzeptionelle Weiterentwicklung der Polizei in Baden-Württemberg" gegeben, "die nicht seine Handschrift trug".
Auch der rasante Aufstieg von Andreas Renner trägt die Handschrift des gewieften Personal- und Organisationsmanagers. Filseck war am vergangenen Montag zum zweiten Mal als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags geladen, der unter anderem die Beförderungspraxis bei der Landespolizei auf den Prüfstand stellt. Dabei gab der Pensionär Einblicke, wie des Ministers Wunschkandidat zu seiner Bestnote kam. So erfolgt für Polizeibeamt:innen in Baden-Württemberg alle zwei Jahre eine sogenannte Regelbeurteilung. Renner war 2019 dran gewesen und schnitt zu schlecht ab, um Aussichten auf das höchste Amt der Landespolizei zu haben. 2020 wurde daher eine (außerzyklische) "Anlassbeurteilung" durchgeführt.
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Frieder Kohler
vor 3 Wochen