Baden-Württemberg hat sich viel vorgenommen: Klimaneutral bis 2040, zwei Drittel weniger CO2-Emissionen schon bis 2030. Die Energiewende soll den Umbau der Strom-, Wärme- und Verkehrsversorgung bringen – schnell, sauber, verlässlich. Der Anteil erneuerbarer Energien wie Photovoltaik, Windkraft und Wärmepumpen soll deutlich steigen, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sinken. Der größte Energieversorger im Land, die EnBW, will bis 2028 alle Kohlekraftwerke vom Netz nehmen. Doch gleichzeitig entstehen an mehreren Standorten neue Gaskraftwerke. Wie passt das zur Energiewende im Land?
Baden-Württemberg will fünf Jahre vor dem Rest der Republik klimaneutral werden. Zwischen den ehrgeizigen Zielen und der praktischen Umsetzung klafft allerdings auch hier eine Lücke. Nach den zuletzt veröffentlichten Zahlen wurden 2023 etwa 31 Prozent weniger Treibhausgase emittiert als im Referenzjahr 1990. Nach den verfügbaren Projektionen verfehlt die Landesregierung damit ihr Ziel einer Reduktion der Treibhausgase um zwei Drittel bis 2030.
Solar boomt, vieles lahmt
Eine genaue Betrachtung zeigt deutliche Unterschiede. Während Baden-Württemberg beim Ausbau von Solarenergie große Fortschritte macht, hinken andere Bereiche deutlich hinterher. Der Windkraftausbau kommt nur langsam voran, der Wärmesektor ist noch stark von Erdgas geprägt, und im Verkehr sind CO2-Einsparungen bisher nicht sichtbar.
Beim Solarausbau übertraf Baden-Württemberg die Ausbauziele deutlich und verzeichnete einen "Rekordzubau im Land", teilt das Landesumweltministerium mit. Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden 4 Gigawatt zugebaut, so dass zwischenzeitlich über 15 Gigawatt an Energie von der Sonne kommen. Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg seit 2022 eine Solarpflicht für Neubauten eingeführt, die seit 2023 auch für Wohngebäude gilt. Photovoltaik-Anlagen auf privaten Dächern machten einen "guten Teil" des Zubaus an Solarenergie aus, so das Ministerium.
Weitaus schleppender läuft der Ausbau der Windenergie. Noch ist das Land weit davon entfernt, tatsächlich 1,8 Prozent der Landesfläche für die Erzeugung von Windkraft vorzuhalten. Das selbst gesteckte Ziel bis 2032 ist nicht mal zu einem Drittel erreicht. "Hier besteht noch großer Nachholbedarf", räumt das Umweltministerium auf Kontext-Anfrage ein. Durch eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, sollen auch in Baden-Württemberg mehr Windkraftanlagen in Betrieb genommen werden. Derzeit dauert es nach Angaben des Umweltministeriums mehr als drei Jahre bis ein neues Windrad entsteht. Mehr als ein Jahr davon dauere allein der Genehmigungsprozess. Branchenverbände berichten noch von deutlich längeren Zeiträumen und fürchten wie der Bundesverband Windenergie, dass Baden-Württemberg durch den langsamen Windausbau "den ersten Platz der stromimportierenden Bundesländer" belegen könnte. Zwar wird in Baden-Württemberg derzeit mehr als die Hälfte des Strombedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt, fast ein Drittel kommt aber aus Stromimporten aus dem Norden.
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Oktarine
vor 7 StundenDie Frage ist…