Also: schlechte Laune weg, stattdessen optimistisch den Problemen der Zeit begegnen. Einzelheiten führt Habeck nicht aus, hier geht es um große Linien und um Haltung. Den politischen Gegner nennt er selten, nur hier und da ein Seitenhieb: In manchen Branchen, vor allem im Autobau, sei Deutschland im 20. Jahrhundert Weltmarktführer gewesen. "Dummerweise leben wir seit 25 Jahren im 21. Jahrhundert." Wer aber nun an alten Technologien festhalte, habe das offenbar nicht verstanden.
Den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz nimmt Habeck sich vor, nachdem er hörbar ergriffen an die Opfer des Attentats in Aschaffenburg erinnert: "Wie krank muss man sein, um kleine Kinder anzugreifen?" Doch wenn Merz darauf reagiere, indem er im Bundestag darüber abstimmen lassen will, Grenzen zu schließen und keine Menschen aus anderen Ländern mehr nach Deutschland reinzulassen, dann sei das eine "Trumpsche Attitüde". Und wenn der CDU-Spitzenkandidat dafür sogar eine Kooperation mit der AfD in Kauf nehme, sei er, Habeck, entsetzt. Nicht nur, weil Merz mal erklärt habe, er werde nicht mit der AfD zusammenarbeiten. Sondern: "Das kann sich als schlimmer historischer Fehler erweisen." Habeck verweist auf Österreich, wo die etablierten demokratischen Parteien es nicht geschafft haben, die rechtsextreme FPÖ aus der Regierung zu halten – im Gegenteil: Nun bekommt das Nachbarland einen rechtsextremen Kanzler. So weit weg sei Österreich ja nun nicht, sagt Habeck und bekommt so die Kurve hin zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der CDU nach der Wahl: "Wenn Merz sagt, das ist mir rausgerutscht, verspreche ich, dem nicht mit Häme zu begegnen."
Danach sieht es nicht aus, Merz hält an seiner Ankündigung fest, entsprechende Anträge in den Bundestag einzubringen, die zu einem "faktischen Einreiseverbot" führen sollen, auch für Asylbewerber:innen mit Schutzanspruch. Und wer da mitmacht, sei ihm, Merz, "völlig gleichgültig".
Mehr arbeitet sich Habeck nicht an Merz ab, er betont die Klimaschutzziele – sie aufzugeben oder zu verschieben, sei brandgefährlich, plädiert für Waffenlieferungen an die Ukraine, betont, es sei ihm egal, was Menschen essen, aber Tierwohl und Umweltschutz in der Landwirtschaft seien ja wohl wichtig. Großer Applaus und friedlicher Abzug der Besucher.innen. Von denen sich dann noch ein paar verwundert die Augen reiben angesichts der etwa 20 Leute, die mit dem Transparent "Baden-Württemberg steht auf" vor der Halle stehen. Ein älterer Mann mit Mikro empfängt die abziehenden Grünen-Besucher:innen mit Sätzen á la "Na, habt ihr euch von eurem Guru einlullen lassen?". Hier stehen Coronaleugner:innen und AfD-Anhänger:innen, wie die Fahne "Alice für Deutschland" zeigt. Auf die Frage, warum sich nur so wenige unter "Baden-Württemberg steht auf" versammeln, erklärt ein großgewachsener, bärtiger Mann um die 50: "Die Wahrheit kennen ja nicht so viele."
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Konrad Wanner
vor 3 Wochen