Den ganz "normale Wahnsinn" erlebt Patrick Weiß bei seiner Wohnungssuche. Der junge Mann heißt eigentlich anders und sucht seit etwa einem halben Jahr zwei Zimmer für sich in Karlsruhe. "Obwohl ich kaum Faktoren habe, die mich einschränken, also zum Beispiel ein Kind, sind meine Erfahrungen durchweg negativ." Fast 100 Vermieter:innen habe er angefragt. Antworten oder gar Termine zur Besichtigung seien kaum zurückgekommen. Weiß ist damit nicht allein. Auch andere Wohnungssuchende sprachen mit Kontext über ihre zunehmend verzweifelte Suche. Wünsche an die Politik vor der Kommunalwahl im Juni? "Die Stadt soll endlich mal mehr Wohnraum schaffen", heißt es einhellig.
In Karlsruhe fehlen bis 2035 über 14.000 Wohnungen. Das Ziel, bis dahin allen Suchenenden eine Wohnung in Karlsruhe bereitzustellen, hat die Stadt in ihrer Stadtentwicklungsstrategie 2035 bereits aufgegeben. Stattdessen schiebt sie das Problem ab: 4.000 wohnungssuchende Haushalte sollen demnach ins Karlsruher Umland ausweichen. Doch selbst wenn sich wirklich so viele Menschen außerhalb der Stadt ansiedeln wollen, ist die Stadt von ihrer eigenen Zielvorgabe von knapp 1.000 neuen Wohnungen pro Jahr weit entfernt. In den vergangenen Jahren schaffte sie im Schnitt gerade mal 450 neue Wohnungen.
Bezahlbarer Wohnraum fehlt
Eine schnelle Trendwende ist nicht abzusehen. Die Zahl der Baugenehmigungen lag in den vergangenen Jahren zwar bei etwa 650 Wohnungen, aber damit immer noch unter der eigenen Zielsetzung. Die letzten verfügbaren Zahlen stammen zudem aus dem Jahr 2022, bevor die Zahl der Baugenehmigungen durch die Krise am Bau landesweit eingebrochen ist. Vergleichsweise hohe Zinsen, steigende Baupreise und die noch immer schwankende Zuverlässigkeit bei der Materiallieferung bremsen den Wohnungsbau bis heute aus.
Am heftigsten trifft die Wohnungskrise sozial schwache Menschen. Sie sind besonders von den steigenden Mietpreisen betroffen. In Baden-Württemberg erhöhten sich die Mieten in den vergangenen zehn Jahren um fast 20 Prozent. Noch stärker stiegen die Preise in Großstädten, wo bezahlbarer Wohnraum mittlerweile kaum mehr zu finden ist. Seit 2010 reduzierte sich in Karlsruhe die Anzahl günstiger, weil geförderter Wohnungen um fast ein Drittel. Es wurden längst nicht so viele neue Wohnungen gebaut wie aus der Mietbindung verschwunden sind. Alleine beim städtischen Wohnungsunternehmen Volkswohnung stehen über 10.000 Haushalte auf der Warteliste für eine neue Wohnung.
Nachverdichtung in der Innenstadt
Angesichts der großen Herausforderungen geben sich die Parteien vor der Kommunalwahl problembewusst. Eine schnelle Lösung will aber niemand versprechen. Angesichts knapper Flächen in der Stadt sehen die Grünen noch Potenziale in der Nachverdichtung. "Wir wollen den Bau von Mehrfamilienhäusern konsequent voranbringen", sagt Aljoscha Löffler, Fraktionsvorsitzender der noch stärksten Fraktion im Karlsruher Gemeinderat. Das gesamtstädtische Interesse an bezahlbaren Wohnraum müsse über Proteste der Nachbarschaft gestellt werden, so Löffler.
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AL
am 09.06.2024