Tatsächlich befinden sich die Preise, die solche Projekte für die Nutzung ihres Wohnraums verlangen, meist deutlich unter den ortsüblichen Vergleichsmieten. Das inspiriert zur Nachahmung: Nach Angaben des Mietshäusersyndikats befinden sich aktuell 17 Projektinitiativen im Aufbau. Eine der größten Herausforderungen ist es allerdings, eine geeignete – und vor allem finanzierbare – Immobilie zu finden.
So auch in Karlsruhe. Als Viktoria Blesch im Zuge ihres Umzugs bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft nach einer großen Wohnung für einen noch nicht bestimmten Kreis an Personen fragte, lautete die Antwort: "Da brauchen Sie sich keine Hoffnungen zu machen." Aufgeben wollte sie trotzdem nicht. Mit der Initiative "Soleika" wollen sie und Gleichgesinnte ein größeres Wohnprojekt unter dem Dach des Mietshäusersyndikats jetzt selbst in die Hand nehmen. Bereits vor sechs Jahren hat sich die Gruppe bei einer Informationsveranstaltung gefunden und umfasst heute etwa 40 Personen – und es ist lange nicht die einzige Gruppe, die mit dem Modell sympathisiert.
Bedürfnis nach gemeinschaftlichem Wohnen
Die große Begeisterung für die Projekte erklärt Jochen Schmidt vom Mietshäusersyndikat mit jahrzehntelangen Fehlern in der Wohnungspolitik, "daher gibt es Bedarf nach Organisationen wie uns." Es sei aber nicht nur die finanzielle Not, die Menschen in Wohnprojekten zusammenführe. Schmidt spürt deutlich ein wachsendes Bedürfnis nach gemeinschaftlichem Wohnen jenseits des Einfamilienhauses. "Das war früher eine Spezialthema für Linke und Hausbesetzer:innen. Jetzt ist es in die Mitte in die Gesellschaft gerückt."
In Karlsruhe versucht eine ganze Reihe von Initiativen neue Wohnprojekte zu realisieren. Unter den Namen Gewoka, Okapi, Soleika, RüWeiDa oder WoPro suchen sie nach geeigneten Grundstücken. Die größten Hoffnungen setzen sie dabei auf das städtische Entwicklungsgebiet "Zukunft Nord" in der Karlsruher Nordstadt. Eines der Baufelder soll als "Experimentierfeld" explizit auch Genossenschaften und Baugemeinschaften zur Verfügung stehen. Erst im vergangenen Jahr hat der Gemeinderat die Absicht der Grundstücksvergabe an Wohnprojekte mit einem Beschluss noch einmal bekräftigt. Doch dieser politischen Festlegung folgten bislang keine Taten, klagen die Initiativen.
Es geht allenfalls schleppend voran
"Die Stadt sollte endlich in die Gänge kommen", sagt Bernhard Reinkurz von der Karlsruher Wohnprojektinitiative Okapi: "Keiner weiß, wann und wie die Vergabe erfolgen soll. Das nervt auf Dauer." Um den Druck zu erhöhen, haben sich die fünf Projektinitiativen in einer Vernetzungsgruppe zusammengeschlossen, die sich für eine bessere und schnellere Umsetzung der Vergabe einsetzt. Seit Monaten bemühe sich Reinkurz um einen Termin im Rathaus, aber auch auf mehrmalige Rückfragen habe es keine Rückmeldung gegeben. "Wir wissen nichts zur konkreten Umsetzung. Es ist kein Ablauf zum Ausschreibungsverfahren bekannt."
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Sebastian Weigle
vor 3 Wochen