Darum beneiden den gebürtigen Freiburger sicher viele in der Welt der sozialen Medien: Das für den Landtagswahlkampf 2021 entwickelte Computerspiel "Sigi GO!!" ist Teil der digitalen Sammlung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg, in der Rubrik "immaterielle Kulturgüter". Das jedenfalls schreibt Siegfried Lorek auf seiner Internetseite. Tatsächlich wird nach Auskunft des Museums dies und das und ganz Banales in "den digitalen Rucksack gepackt, um später noch mehr über sie und ihre Zeit zu erfahren". Es passt ins Bild, dass Loreks Darstellung leicht frisiert daherkommt.
Der Staatssekretär für Justiz in der baden-württembergischen Landesregierung steht aktuell im Fokus, weil er ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Förderer von Andreas Renner war: dem Inspekteur der Polizei, der nach nur einem Jahr im Amt suspendiert worden ist und dessen Fall dafür gesorgt hat, dass ein Untersuchungsausschuss im Landtag von Baden-Württemberg gegenwärtig die Beförderungspraxis bei der Polizei auf den Prüfstand stellt (Kontext berichtete mehrfach). Lorek legt enormen Wert auf Status, Stellung und sympathisches Auftreten, auf Ansehen, Anerkennung und Einfluss. Als "ehrgeizig", "emsig" und "wissbegierig" beschreiben ihn Fraktionskolleg:innen durchaus anerkennend. Kritiker:innen wiederum bemängeln, dass er "vor allem bis ausschließlich" am eigenen Fortkommen interessiert sei. Anfangs auf eher verschlungenen Wegen, weil ohne Abitur, schaffte er es in den gehobenen Polizeidienst und zur Fachhochschulreife über die Ausbildung zum mittleren Dienst. Dann war der diplomierte Verwaltungsfachwirt unter anderem Einsatzleiter und Sachbearbeiter bei der Kriminalpolizei. 2007 ergriff er die Chance eines neuen Studiengangs an der Polizeihochschule in Münster, zwei Jahre später hatte er den Master in der Tasche und viele Kontakte geknüpft.
In der Partei war er da schon angekommen als typisches Exemplar des smarten Aufsteigers in der Südwest-CDU. Seit 2005 saß der ehemalige Mitbetreiber zweier EDV-Geschäfte im Landesvorstand der Jungen Union, er wurde stellvertretender Landesvorsitzender, war Chef der CDU in Freiburg-Zähringen. 2010 kandidiert Lorek, inzwischen Referent im Innenministerium, bei der Oberbürgermeisterwahl in Villingen-Schwenningen. In Homestorys präsentiert sich der Kandidat bereitwillig an der Seite seiner Freundin Gabi als Tausendsassa: Wände streichen, Laminat verlegen, Eishockey spielen, kochen für größere Runden, ehrenamtlich bei der Feuerwehr mitmachen. In den regionalen Medien fährt er reichlich Vorschusslorbeeren ein, er preist sich auch gern für sein "kommunalpolitisches Gespür" und verspricht, das Oberbürgermeisteramt – noch ehe er es innehat – so anzugehen, "dass ich in acht Jahren wiedergewählt werde".
20 Stimmen Vorsprung für Lorek
Mitverantwortliche für seinen Wahlkampf erinnern sich: "Sigi will den Erfolg und tut dafür fast alles." In Villingen-Schwenningen holt er sich einen Coach, der empfiehlt nicht nur, mehrere tausend Kleinpackungen Cornflakes zu verschicken, sondern schreibt Reden, gibt Tipps fürs Outfit ("Naturfasern, keine Birkenstock, keine Rolex"), feilt an der richtigen Portion Charme bei Hausbesuchen, besorgt die netten älteren Damen fürs Fotoshooting auf dem Markplatz. Ein anderer PR-Termin bei der Feuerwehr endet, weil unangemeldet, im Ärger mit der Stadt. Der Kandidat ist zerknirscht, der Wahlmanager hingegen rät zufrieden, die Geschichte der Presse zu stecken. Doch der ganze Aufwand ist vergebens. Herausforderer Lorek bleibt schmerzlich bei knapp 36 Prozent hängen und Amtsinhaber Rupert Kubon (SPD) auf dem Chefsessel im Rathaus.
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Thomas Schreiber
am 13.11.2023