So also sieht ein Befreiungsschlag nach gut eineinhalb Jahren aus. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat nicht nur entschieden, dass es künftig gar keinen Inspekteur der Polizei (IdP) mehr geben wird im Baden-Württemberg, sondern ein ganzes Maßnahmenpaket vorgelegt. Unter anderem ist die grüne Forderung nach Einsetzung einer Vertrauensanwältin erfüllt und damit eine externe unabhängige Anlaufstelle für Betroffene geschaffen. Außerdem leitet Jörg Krauss, ein Grüner, die neue Stabsstelle "Moderne Führung und Wertekultur", angesiedelt beim Innenminister höchstpersönlich. Wirklich große Ziele verbindet ausgerechnet der selbst damit aber nicht. Sondern Strobl formuliert bei der Präsentation eigentlich die Selbstverständlichkeit, dass "die Polizei nach der Krise besser aufgestellt ist als vor der Krise".
Immerhin ist auf diese Weise eingeräumt, dass es überhaupt eine Krise gibt. Noch vor gut einer Woche auf der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung hatte der angeschlagene Innenminister versucht, den Eindruck zu erwecken, in seinem Haus gebe es überhaupt keinen Handlungsbedarf. Stattdessen verwiesen sowohl Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) als auch sein Stellvertreter Strobl, gefragt nach den bisherigen Arbeitsergebnissen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu den Polizeiaffären, bisher wie tibetanische Gebetsmühlen auf den Abschlussbericht als Grundlage zu treffender Entscheidungen. Jetzt liegt aber doch dieses Fünf-Punkte-Papier auf dem Tisch.
Der Widerspruch zwischen voriger und dieser Woche hat am gestrigen Dienstag bei der allwöchentlichen Sitzung der CDU-Fraktion im Südwest-Landtag für Stirnrunzeln gesorgt. Nur ein einziger Abgeordneter wagte sich aus der Deckung: Winfried Mack, früherer stellvertretender Vorsitzender in Fraktion und Landespartei, äußerte hinter den verschlossenen Türen seine Unzufriedenheit damit, dass der Innenminister nicht auch für sich Konsequenzen zieht. Er habe den Bogen sogar zu Kardinal Woelki geschlagen und dessen Versuch, sich aus den Skandalen rauszustehlen, heißt es. "Strobl hätte das Amt ja nicht gleich abschaffen müssen", witzelte ein anderer Schwarzer im Foyer. Jetzt habe er sich Zeit gekauft, aber nur bis nach der Sommerpause. Manche, die ihren Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen wollen, trauern dem vergangenen Oktober hinterher. Damals hatten die Abgeordneten den Minister trotz des gegen ihn ergangenen Strafbefehls einmütig gestützt. Niemand, sagt ein dritter Parlamentarier, habe seinerzeit den Befreiungsschlag gewagt, auch weil bekannt gewesen sei, wie sehr Kretschmann zu seinem Vize halte.
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Frieder Kohler
am 25.07.2023(Ermittlungen in Sachen Polizei von Rolf Gössner/Uwe Herzog KiWi 1982/84), an Theorie und Praxis in Einsatz- und Führungslehre und an Oswald von Nell-Breuning in Baugesetze der Gesellschaft (Herder Verlag,…