Dass Wärmeerzeugung ein heikles Thema ist, wissen Umweltpolitiker:innen zwischen Main und Bodensee seit mehr als 15 Jahren. Die damalige CDU/FDP-Regierung in Baden-Württemberg legte republikweit einmalig erste konkrete Vorgaben zu einer regenerativen Verpflichtung vor. Demnach mussten ab 2009 – trotz erheblichen Widerstands von Hausbesitzer:innen und aus der Wirtschaft – in Neubauten zehn Prozent der Wärme aus erneuerbaren Quellen kommen. 2010 wurde diese Regelung beim Heizungstausch auf Altbauten ausgedehnt. 2015 dann hob Grünen-Umweltminister Franz Untersteller diese Quote an auf 15 Prozent. Der Protest der oppositionellen CDU war heftig.
So gesehen hätte sich Baden-Württemberg als Blaupause in puncto Wärmewende anbieten können. Die Vorreiterrolle ging auf der Wegstrecke aber sang- und klanglos verloren. "Der Wärmesektor macht fast die Hälfte des Energieverbrauchs aus", heißt es 2016 im ersten grün-schwarzen Koalitionsvertrag eher unverbindlich. "Deswegen wollen wir die Energieeffizienz im Neubau, insbesondere aber im Gebäudebestand weiter voranbringen und die Sanierungsquote im Land anheben." Maßnahmen zur Steigerung der Gebäudeeffizienz würden entwickelt und die gesetzlichen Grundlagen einer umfassenden Evaluierung unterzogen. Fünf Jahre später versprechen die alten neuen Partner wieder, die Wärmewende voranzutreiben und mehr zu tun für energieeffiziente Gebäude im Bestand.
Viel ist nicht passiert
Wie weit der Weg ist, machte kürzlich Claudia Kemfert deutlich. Im Auftrag der SPD Baden-Württemberg analysierte die Abteilungsleiterin für Energie, Verkehr und Umwelt beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) den Status quo und die sich daraus ergebenden Notwendigkeiten – immer unterstellt, die Landesregierung nimmt die eigenen Klimaziele weiterhin ernst. Ergebnis: 70 Prozent der Wohnungen in Baden-Württemberg sind nicht wirklich energieeffizient, sogar 75 Prozent werden mit Öl und Gas beheizt. Als positiv könnte bewertet werden, dass das Durchschnittsalter aller Heizungen bei fast 19, das der Ölheizungen sogar bei mehr als 21 Jahren liegt. Das unterstreicht den Erneuerungsbedarf und die Möglichkeiten, bei einer offensiven Informations- und Förderpolitik die Weichen hin zu mehr erneuerbarer Wärme richtig zu stellen.
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