Vom Himmel hoch meldete sich der deutsche Astronaut Matthias Maurer. "Aus dem Weltall sieht die Erde aus wie ein großes Raumschiff. Wie bei Kolumbus sollte die Crew, die Menschheit, zusammenarbeiten, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen – etwa den Klimawandel", forderte er beim virtuellen Davoser Weltwirtschaftsforum Mitte Januar. Während Maurer in der Internationalen Raumstation ISS den Planeten umkreiste, tagte 400 Kilometer unter ihm der Stuttgarter Gemeinderat rein zufällig zum selben Thema. "Generaldebatte Klimaschutz" war als TOP 5a der ersten Ratssitzung im neuen Jahr aufgerufen. "Stuttgart kann, soll und muss einen Beitrag zum Klimaschutz leisten", betonte Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) zum Auftakt. Gehe es doch um "eines der wichtigsten Themen unserer Zeit – nämlich die Einhaltung der Vorgabe, dass sich die Erde um nicht mehr als 1,5 Grad erwärmt", hatte vorab Noppers Stabsstelle Kommunikation darauf eingestimmt, dass die 60 Stadtverordneten an diesem Abend Großes beschließen sollten: Stuttgart soll im Jahr 2035 klimaneutral werden. Es dürfen also nicht mehr Treibhausgase aus Auspuffen und Schornsteinen aufsteigen als Wälder und Reben im Stadtgebiet speichern können.
So stand es auf Noppers (Beschlussvorlagen-)Papier, was die Generaldebatte zu einer Art Gamechanger machte. Vor zwei Jahren erst hatte derselbe Gemeinderat noch die Jahrhundertmitte als Deadline fürs fossile Zeitalter im Talkessel gezogen – auf Betreiben des damaligen OB Fritz Kuhn, einem Grünen. Unter dessen Nachfolger peilt die Schwabenmetropole das Ende von klimaschädlicher Öl-, Gas- und Kohleverbrennung sogar zehn Jahre früher als Gesamtdeutschland und fünf Jahre eher als das Land. Eine grüne Revolution – angezettelt durch einen Schwarzen!
Am Ende folgte eine große Mehrheit der Beschlussvorlage des OBs, neun Stimmen waren dagegen, eine enthielt sich. Abgeschmettert wurde ein Antrag der linksökologischen Ratsopposition um den gescheiterten OB-Kandidaten Hannes Rockenbauch, wonach sich Stuttgart an der europäischen Mission "100 klimaneutrale und intelligente Städte bis 2030" beteiligen sollte. Das hätte bedeutet, dass in acht Jahren bereits alle CO2-Quellen gestopft sind. Für CDU-Fraktionschef Alexander Kotz "ideologische Weltverbesserungsträumerei". "Ein illusorisches Ziel", so ein Energieexperte gegenüber Kontext.
7 Kommentare verfügbar
Nik
am 05.02.2022Aber ansonsten gebe ich diesem Jupp wohl recht. :o)