Die Aktion erschien von Anfang an als schmerzhafter Spagat: So waren begleitend zur ganzseitigen AfD-Anzeige, abgedruckt in der "Frankfurter Rundschau" (FR) vom 26. Januar, gleich zwei Distanzierungen zu lesen. Einmal hielt die Redaktion neben der Anzeige dagegen, sie arbeite strikt getrennt vom Verlag, der für die Auswahl der Werbeinhalte zuständig ist. Aber auch beim Verlag selbst schien die Begeisterung verhalten. Die Veröffentlichung der Anzeige, so eine Anmerkung direkt unter dieser, sei als "Teil der geltenden Meinungsfreiheit" aufzufassen und "eine kritische Bewertung der Inhalte steht allen Lesern zu."
Zwei Tage darauf meldete sich Max Rempel, Geschäftsführer der FR, in der Zeitung in einem Beitrag in eigener Sache zu Wort. Die Anzeige habe in der Leserschaft und in der Redaktion für großen Ärger gesorgt, was nur verständlich sei, setze sich die Zeitung doch für "eine klare linksliberale Haltung und gegen jegliche Form von Diskriminierung ein." Dementsprechend kritisch falle die Berichterstattung über die AfD aus. Die Veröffentlichung der Werbung sei ein Fehler, für den er um Entschuldigung bittet. "Ich habe entschieden, dass es künftig keine Anzeigen der AfD mehr in der in der Frankfurter Rundschau geben wird." In Konsequenz und Deutlichkeit ist das erfreulich. Fragt sich nur, warum die Werbung überhaupt in der Zeitung landet, wenn der Ärger programmiert war?
Für die Vermarktung der Werbeinhalte der FR ist, nach mehreren Eigentümerwechseln bei der Zeitung, die Rhein Main Media (RMM) verantwortlich. Die scheint erkannt zu haben, wie sich das Profil einer Marke herausarbeiten lässt. Demnach sei die FR eine "Ikone der deutschen Presselandschaft" heißt es auf ihrer Website, "eine streitbare Verfechterin linksliberaler Werte", die es "gegen viele Widerstände bis heute immer wieder geschafft" habe, "ihre Überzeugungen von kritischem Journalismus zu bewahren". Eine Zeitung für Menschen mit Haltung zu sein – offen, neugierig, mutig, kritisch, sozial. Da wäre doch zu vermuten, dass bei so einer Zielgruppe schlecht mit Rechtspopulismus zu punkten ist?
Doch die RMM empfiehlt sich unter Werbetreibenden mit einer "starken Kombi". Neben der FR gehören unter anderem auch die Frankfurter Neue Presse und die FAZ Rhein-Main zum Kundenkreis. Die Anzeigen werden im Verbund verkauft, mit einer Buchung "sichern sie sich die Präsenz in jeder der starken RheinMain.Media-Marken". Demnach erschien die Anzeige unter anderem auch in der FAZ Rhein-Main (wo der Druck deutlich kleinere Wellen schlug).
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Anita Scholz
am 04.02.2022