Wie sehr dieser Kopf stinkt, zeigt der 2012 von der DPolG herausgegebene Kalender mit rassistischen Motiven: Unter anderem schreit ein Schwarzer, dem einige Zähne fehlen, deutsche Polizist:innen an: " Was heiß' hie' Ve'dunklungsgefah'?" Rainer Wendt konnte darüber lachen, bezeugte er in einem Interview mit der "Vice". Das ist wenig verwunderlich nach seinen Aussagen im rechtsradikalen "Compact"-Magazin, dass die Diskriminierung von Frauen "fast zu den genetischen Grundbausteinen" der "Machokultur junger Muslime" gehöre.
Auch auf der politischen Ebene nehmen vor allem diejenigen die Polizei gegen Rassismus-Vorwürfe in Schutz, die selbst davon betroffen sind. Paradebeispiel Boris Palmer: Nach dem Mord an einem Gambier und bevor Ermittlungsergebnisse vorlagen, wollte der Tübinger Oberbürgermeister wissen, dass hier ein Dealer aus der Drogenszene abgestochen wurde, eine restriktivere Asylpolitik hätte die Tat laut Palmer verhindern können. Bezüglich Rassismusstudien forderte er, nicht nur innerhalb der Polizei zu forschen, sondern auch bei Migrant:innen: da sich deren "Kartoffelrassismus" gegen Deutsche richte. Für die Polizei zeigt Palmer gegenüber Kontext hingegen vollstes Mitgefühl: "Die Herabsetzung der Polizisten erschwert deren Arbeit immer mehr und die cleveren Opferentrepreneure nutzen das zunehmend aus."
Baden-Württemberg weiß ab 2026 mehr
Trotz fehlender Teilnahme der landeseigenen Polizei will das baden-württembergische Innenministerium die Ergebnisse der Megavo-Studie nicht einfach ignorieren. Diese würden nun analysiert, zusätzlich laufe bereits seit Ende 2021 eine landeseigene Studie mit dem Titel "Werteentwicklung in der Polizei BW – Ausbildung und Studium" ("Werte AuSt"). Auch "persönliche Einstellungen" werden abgefragt, teilt eine Sprecherin gegenüber Kontext mit – ohne zu vertiefen, was damit genau gemeint ist. Bis 2026 soll die Studie abgeschlossen werden.
Gegen bedenkliche Werteeinstellungen in der Polizei werden im Megavo-Bericht als mögliche Lösungen genügend Freizeit, interkulturelle Teams und ein kürzerer Verbleib in Brennpunktwachen genannt. Das baden-württembergische Innenministerium setzt bei Anti-Diskriminierungs-Maßnahmen auf das überarbeitete Ausbildungskonzept für den mittleren Polizeivollzugsdienst – welches das Thema Diskriminierung stärker einbinden soll – und auf unterschiedlichste Kooperationen zwischen Polizei und etwa dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg, dem Verband Sinti und Roma oder der Israelitischen Religionsgemeinschaft.
Klingt nach viel, ist aber ziemlich wenig, findet der Wissenschaftler Behr und verweist auf Berlin. Dort gingen Forscher:innen für eine eigene Rassismusstudie dreieinhalb Monate ins Feld – nicht sechs Tage wie bei der Megavo-Studie. Zudem gibt es in Berlin seit August letzten Jahres einen unabhängigen Polizeibeauftragten, der im Falle von Beschwerden gegen die Polizei tätig wird und die Bereitschaft von Polizist:innen steigern soll, beobachtetes Fehlverhalten von Kolleg:innen zu melden.
Wie wichtig das ist, zeigen die Zahlen der bundesweiten Untersuchung: Mehr als 30 Prozent der Befragten reagieren nach eigenen Angaben überhaupt nicht auf bei Kolleg:innen beobachtetes rassistisches Verhalten. Anzeigen sind eine Seltenheit. Das ist bedenklich, denn mehr als ein Drittel der Befragten berichten von beobachteten sexistischen und rassistischen Äußerungen sowie Diskriminierung und Mobbing.
Gewerkschafter Wendt spricht dennoch von "ungerechtfertigter Kritik": Deutschland habe "die beste Polizei, die es in seiner Geschichte jemals hatte. Ihr Ansehen ist auch im europäischen und internationalen Vergleich exorbitant hoch, die Beschäftigten sind zu Recht stolz darauf." Zu Ehren der "besten Polizei" wird am heutigen Mittwoch im Stuttgarter Rathaus die Wanderausstellung "Der Mensch dahinter" eröffnet, neben Baden-Württembergs Innenminister Strobl ist auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) präsent. Beschäftigte der Polizei und anderer Institutionen, die unter Anfeindungen und Respektlosigkeit leiden, werden dabei auf großflächigen Exponaten gezeigt. Ziel: mehr Respekt, Toleranz und Rücksichtnahme in der Gesellschaft gegenüber diesen Menschen. Herrn Wendt wird's freuen.
1 Kommentar verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 28.07.202426.07.2024 Nach Polizeiaffäre
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