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Best of FDP-Rülke

Von Heuchlern und Heulsusen

Best of FDP-Rülke: Von Heuchlern und Heulsusen
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Er nennt Winfried Hermann einen "Putin-Versteher" und schiebt Greta Thunberg ein falsches Zitat unter, er spricht von einem "Volkssturm", wenn das Innenministerium Rentner als Staatssekretäre rekrutiert: Hans-Ulrich Rülke ist Chef und Chefpolemiker der FDP-Fraktion im Südwest-Landtag. Ein Sammelsurium bezeichnender Aussagen.

Sommers wie winters attackiert Hans-Ulrich Rülke fast täglich seine Kolleg:innen: Schriftlich per Pressemitteilung und erst recht in Plenardebatten. Die Methode des FDP-Fraktionsvorsitzenden im baden-württembergischen Landtag kennt dabei verschiedene Spielarten. Mal versteht er Satzteile politischer Gegner:innen absichtlich falsch, mal stellt er unhaltbare Grundsätze auf, stellt schiefe Vergleiche an, er wird gern persönlich und aggressiv. Der Blick zurück beweist zudem, mit wie vielen seiner Prognosen er daneben lag.

Wahr ist aber auch, dass Rülkes Jagd nach Aufmerksamkeit um fast jenen Preis die Südwest-FDP stabil über zehn Prozent hält. Der gebürtige Tuttlinger ist inzwischen 60 Jahre alt, aber laut wie eh und je. Der Germanist war Gemeinderat und Studiendirektor. Viele seiner früheren Schüler:innen würden sich sicher die Augen reiben, wie er dem Beinamen Brüllke“, den er sich so schwer erarbeitet hat, unverdrossen versucht, gerecht zu werden.

Seit 2006 vertritt der bekennende Freund von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus und Stuttgart-21-Fan den Wahlkreis Pforzheim im Landtag. Nur drei Jahre später putschte er sich an die Fraktionsspitze und entwickelte einen Stil, der zu Nachahmung nicht empfohlen ist. Denn nur eine Handvoll mehr Parlamentarier:innen von seiner Sorte würden jeden Rahmen politischer Gepflogenheiten sprengen. Ziemlich sicher weiß er das, und ziemlich sicher spornt ihn diese Erkenntnis auch immer weiter an, und immer weiter, und immer weiter.

Eine Charakterstudie in Zitaten:

"Die CDU hat ihre Seele verkauft."
Am 3.4.2021, enttäuscht über die Koalitionsverhandlungen der Schwarzen mit den Grünen in Baden-Württemberg – wo sich doch die FDP als so hübsche Braut geschmückt habe, "dass eigentlich jeder sie haben wollen müsste".

"Es ist schon zu viel, wenn in Baden-Württemberg der eigene Verkehrsminister mit fanatischem Eifer das Automobil bekämpft. Autofahrer sind nicht die Melkkuh der Nation. Die Frage der Erreichbarkeit der Innenstädte ist ein zentrales Element im Kampf gegen deren Verödung."
Am 1.6.2022 zur Idee, Parkgebühren in Innenstädten grundsätzlich zu erhöhen.

"Winfridos Kretschmannakis führt Baden-Württemberg in den Ruin."
Am 12.12.2012 zur grün-roten Haushaltspolitik.

"Seit den letzten Lebensjahren von Hölderlin im Turm hat kein Tübinger mehr so wirr dahergeredet."
Am 24.3.2011 zur Einschätzung von Boris Palmer, Stuttgart 21 habe den Stresstest nicht bestanden – was sich als zutreffend herausstellen sollte.

"Was mir fehlt, sind kernige Mitdiskutanten wie Stefan Mappus von der CDU und Claus Schmiedel von der SPD. Dafür gibt es jetzt zu viele Heulsusen, die zwar austeilen können, aber sofort depressiv werden, wenn man sie selbst kritisiert."
Am 3.8.2021 im Gespräch mit der "Pforzheimer Zeitung", wobei er ebenfalls beklagte, dass es Baden-Württembergs Parlament an "guter Rhetorik" mangele.

"Früher haben sich die Grünen angekettet, wenn die Castoren kamen. Heute singen die Grünen das Lied: Ihr Castorlein kommet."
Am 24.4.2013 zur von Ministerpräsident Winfried Kretschmann angestoßenen Endlager-Suche und dem Versprechen, in Baden-Württemberg produzierten Atommüll auch zurückzunehmen.

"Schon seit Wochen überbieten sich führende Vertreter der grün-konservativen Landesregierung mit immer neuen Verzichtsdebatten und einer immer schärferen Verbotspolitik. Während die Menschen im Land mit Sorge auf die nächste Nebenkostenabrechnung blicken, Kommunen, aus Misstrauen gegen die Krisenkompetenz des Ministerpräsidenten, bereits eigene Krisenstäbe ins Leben rufen und unsere Industrie auf Recht-, Planungs- und Investitionssicherheit drängt, sollen Badeverbote Baden-Württemberg nun sicher durch Herbst und Winter bringen."
Am 19.7.2022 zu Äußerungen Kretschmanns, im Notfall einer Gasmangel-Lage für die Schließung von Spaß- und Hallenbäder zu sein.

"Einer meiner Söhne duscht zu lange. Als er klein war, hat seine Oma gedroht, ihn hole der Waldrapp. Nun drohe ich ihm: Dich holt der Habeck."
Am 28.7.2022 im Interview mit dem "Mannheimer Morgen".

"Baden-Württemberg ist das windärmste aller 16 Bundesländer. Es ist doch Unfug, gerade hier das Heil in der Windkraft zu suchen. Das ist so, als ob man mitten in Stuttgart auf Großwildjagd geht."
Am 13.6.2015 zum geplanten Windkraftausbau im Südwesten.

"Und die geistigen Vorläufer von Leuten wie Herrn Räpple [damaliger Abgeordneter der AfD, d. Red.] sind im Stechschritt durch das Brandenburger Tor marschiert."
Am 12.12.2016 zur AfD – und zum Beweis, dass es unter Rülkes Zitaten auch positive Ausreißer gibt.

"Deshalb ist es notwendig, im Innenministerium eine Art Staatssekretärs-Volkssturm auf die Beine zu stellen."
Am 14.7.2021 im Landtag. Rülke hatte sich darüber ausgelassen, dass sämtliche Staatssekretäre im Innenministerium "reaktivierte Rentner" seien (es geht um zwei Personen) und der Minister auf dem Arbeitsmarkt keine geeigneten Leute finde.

"Bei der Landes-CDU geht es ja zu wie bei der Rocky Horror Picture Show. Wer da zu Besuch kommt, der trifft nur noch das Dienstmädchen und den buckligen Diener."
Am 10.11. 2021 zum Zustand der Südwest-CDU, die sich "seit Wochen im politischen Todeskampf" befinde.

"Nach fünf Jahren Kretschmann und Hermann führt Baden-Württemberg nicht mehr Hirsch und Greif im Landeswappen, sondern Juchtenkäfer und Hufeisennase [eine Fledermaus, d. Red.]."
Am 5.1.2012 zur Debatte um das Bahnprojekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Naturschutzfragen.

"Abgesägte Hose, entzogenes Vertrauen und völlig verlorene Autorität." Und: "Der Minister ist vor Gericht ungefähr so erfolgreich wie Prinz Ernst August von Hannover."
Am 7.4. 2022 zu Klagen gegen die Corona-Politik von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) – allerdings hat das Land die weitüberwiegende Zahl der Gerichtsverfahren gewonnen.

"Ich bin entsetzt über die jüngsten Aussagen des Hobby-Außenpolitikers Winfried Hermann, der sich als Putin-Versteher outet. Ich fordere von Ministerpräsident Kretschmann ein sofortiges Eingreifen. Es schadet dem Ansehen des Landes Baden-Württemberg massiv, wenn ein Mitglied der Landesregierung Putins verbrecherischen Angriffskrieg relativiert. Es muss ganz klar sein, dass das Land Baden-Württemberg an der Seite des brutal angegriffenen ukrainischen Volkes steht und kein Verständnis für einen skrupellosen Angriffskrieg äußert."
Am 30.7.2022 zu einen Thesenpapier von Winfried Hermann zum Ukraine-Krieg, in dem er sich ausdrücklich von Putin distanziert.

"Es darf sich jeder bei Facebook ungebremst austoben – ich auch."
Am 22.6.2022, nachdem er der Klimaaktivistin Greta Thunberg ein gefälschtes Zitat untergeschoben hatte und sich nicht dafür entschuldigen wollte.

"Täuschen, tarnen, tricksen, das ist Ihre Regierungsmaxime."
Am 16.9.2011 zum Stil der grün-roten Landesregierung.


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4 Kommentare verfügbar

  • Ebass
    am 06.08.2022
    Antworten
    Brüllke war und ist ein pädagogischer und politischer Totalversager. Ehemalige Kollegen danken heute noch dem Umstand, dass in der Politik, wie viele andere Beispiele zeigen, genug Platz für solche Figuren ist. Leider werden sie auf Kosten der Allgemeinheit alimentiert.
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