Papier ist bekanntlich geduldig, selbst dann, wenn ein vollmundiger Titel wie "Erneuerungsvertrag" darauf steht. Jedenfalls haben sich die Koalitionspartnerinnen vorgenommen, alle "windhöffigen Standorte" im Staatsforst zu prüfen, ob sie für eine der bis zu tausend Anlagen geeignet sind, die in den nächsten fünf Jahren gerichtsfest auf den Weg gebracht werden sollen. Immerhin hat die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) 2019 in einer Potenzanalyse berechnet, dass – ganz unabhängig von den Besitzverhältnissen und rein rechnerisch – mit etwa 419.000 Hektar knapp zwölf Prozent der Gesamtfläche des Landes über ein ausreichendes Windangebot verfügt. Grundsätzlich ist die Bedeutung des Waldes für diese Art der Stromgewinnung ohnehin erwiesen: Der Fachagentur Windenergie zufolge stehen dort 44 Prozent aller Anlagen und produzieren 57 Prozent der Gesamtkapazität.
Im Koalitionsvertrag kündigen Grüne und CDU eine Vergabeoffensive "für die Vermarktung von Staatswald- und Landesflächen an", um die Voraussetzungen für eben jene bis zu tausend Anlagen zu schaffen. Bisher allerdings ist auch das nicht mehr als ein weiteres Versprechen in einer langen Reihe. Schon Grün-Rot hoffte auf den Ausbau der Windenergie als "zentralen Baustein der Energiewende und der ökologischen Modernisierung unserer Wirtschaft". Der damalige Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) präsentierte 2013 die neuen Planungskarten für Windkraftanlagen, die ab sofort auf den Internetseiten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) und LUBW abrufbar waren. "Damit haben wir die Grundlagen geschaffen, um bis zum Jahr 2020 rund zehn Prozent des Stroms im Land naturverträglich aus Windenergie bereitstellen zu können", meinte der Grüne damals optimistisch. Tatsächlich liegt der Anteil heute gerade mal bei fünf Prozent.
Wind ist da – wo sind die Räder?
Jetzt ist die "herausgehobene Rolle des Staatswald" beim weiteren Ausbau der Windkraft betont. Und weiter: "Alle windhöffigen Standorte werden hinsichtlich ihrer Eignung bewertet." Der Begriff Höffigkeit stammt aus dem Bergbau und steht für das Vorkommen von Bodenschätzen wie Gold, Silber oder Kohle. Erbittert wird seit Jahrzehnten im Land über das Thema Eignung gestritten, weil GegnerInnen – entgegen wissenschaftlichen Erkenntnissen – weismachen wollen, es gebe einfach nicht genug Wind in Baden-Württemberg, um die Ausbauziele zu erreichen.
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Waldemar Grytz
am 03.06.2021