Stuttgart 21 hielt in den letzten zwei Jahren einige handfeste Überraschungen parat. Nein, gemeint sind nicht Mehrkosten – die sind keine Überraschung –, sondern neue Streckenvorschläge. Im Juli 2019 war es der Vorschlag für einen unterirdischen Ergänzungs-Kopfbahnhof, über den seitdem eine Arbeitsgruppe tagt und tagt und tagt. Und fast ein Jahr später zauberte Steffen Bilger (CDU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, den Vorschlag für einen Gäubahntunnel auf den Fildern aus dem Hut. Der soll die bisher geplante Streckenführung im Planfeststellungsabschnitt 1.3b ersetzen, auf der die Fern- und Regionalbahnen der Gäubahn von Stuttgart-Rohr bis zum Flughafenbahnhof im Mischverkehr mit S-Bahnen fahren sollten.
Begründet wurde dieser Vorschlag mit neuen Erfordernissen aus dem Deutschlandtakt-Zielfahrplan 2030 des Bundesverkehrsministeriums – tatsächlich ist er aber ein Eingeständnis, dass die bisherige, in diesem Abschnitt schon seit 18 Jahren ohne Planfeststellung verfolgte Planung krachend gescheitert ist. Das wiederum ist keine Überraschung, denn vor der extrem verspätungsträchtigen Mischverkehrslösung hatten selbst glühende S-21-Befürworter gewarnt.
Sinnvoll erscheint ein solcher Tunnel allenfalls unter der Prämisse, dass eine Gäubahn-Führung über den Stuttgarter Flughafen als unabdingbar betrachtet wird – was Projektkritiker von Anfang an anders beurteilten. Wenigstens die Bahn hätte Grund zur Freude, bekommt sie doch für höhere Baukosten, wie sie Tunnel stets mit sich bringen, auch höhere Bundeszuschüsse. Genau das spräche aber auch gegen die Idee: Es geht hier um eine Strecke von zehn bis zwölf Kilometern, bei zwei Röhren also bis zu 24 Kilometer zu bohrendem und betonierendem Tunnel, was abgesichts von CO2-Emissionen und Klimakrise eigentlich ein Irrsinn ist. Und das Problem, dass die Gäubahn wegen S 21 mehrere Jahre vom Stuttgarter Hauptbahnhof abgekoppelt sein wird, löst der Tunnel nicht, verlängert es eher noch auf bis zu 15 Jahre.
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