Das Schüsselwort dieses besonderen Frühlings heißt "evidenzbasiert", bedeutet laut Duden "stichhaltig", und natürlich kommt "Evidentia" aus dem Lateinischen. Es wird übersetzt mit "Einsichtigkeit", aber auch mit "Offensichtlichkeit". In der Medizin verlangt evidenzbasiertes Handeln nach empirischen Belegen, im Englischen heißt "Evidence" sogar "Beweis". In der Klimakrise liegen die Beweise seit Jahren vor. Unter Vernünftigen kann es keine Zweifel an der Erderwärmung und der damit verbundenen Dramatik geben.
Er wolle die beiden Krisen nicht gegeneinander aufrechnen, "aber vor dem Klimawandel hab' ich weit mehr Respekt als vor der Coronakrise", bekennt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Der nämlich könne "die ganze Welt nachhaltig erschüttern, und ihn können wir nicht irgendwann einfach wegimpfen, vielmehr wären Naturkatastrophen die Folge, Ernteausfälle, Hunger- und Hitzetote, ungekannte Flüchtlingsströme, ganze Landstriche, die unbewohnbar werden". Das sei "eine apokalyptische Anmutung, und wenn das auf uns zu kommt, dann gnade uns Gott".
Stimmt, sagen auch die KlimaaktivistInnen der Fridays For Future (FFF) Baden-Württemberg und wollen nach so vielen wahren Worten nun auch endlich große Taten sehen. Laut Global Carbon Project, Stand 2016, stammen über 20 Prozent der vom Menschen verursachten Zunahme von Treibhausgasen aus Europa, argumentieren sie. Deutschland habe deshalb eine besondere Verantwortung für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze und die Aufgabe, bis 2030 seine Treibhausgas-Emissionen um 88 Prozent zu verringern. Diese Erkenntnis müsse von den Parteien "als Selbstverständnis in die jeweiligen Wahlprogramme aufgenommen werden".
KlimaaktivistInnen wollen endlich Taten sehen
Der Rückblick auf 2016 unterstreicht die Dringlichkeit der Forderung. In ihrem Wahlprogramm von damals versuchte die FDP, sich mit ein paar dürren Sätzen aus der Affäre zu ziehen, in der üblichen Tonlage von "Baden-Württembergs Einfluss auf das Weltklima sind enge Grenzen gesetzt". Die CDU wiederum wollte sich für "eine ehrgeizige und verantwortungsvolle Umweltpolitik" einsetzen und floh dann in die wenig anspruchsvolle Aufzählung der diversen Themenfelder von Klimaschutz und Wasserwirtschaft bis hin zu Luftreinhaltung und dem Schutz vor Lärm. Natürlich durfte auch der Hinweis auf die "Bewahrung der Schöpfung nicht fehlen, heute wie für künftige Generationen". Die SPD war da schon konkreter und versprach im Falle ihrer erneuten Regierungsbeteiligung, das Land werde seinen CO2-Ausstoß bis 2050 um 90 Prozent und den Energieverbrauch um 50 Prozent senken. Aber dann fiel sie bei den Wählern durch und musste in die Opposition.
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