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Krieg und Frieden in Königsbronn

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Die Königsbronner Gespräche gelten als die kleine Schwester der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch am Rand der Ostalb demonstrieren AntimilitaristInnen gegen die Lobbyarbeit für Rüstung und Krieg. Sie wollen, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, die Rüstungsbetriebe auf zivile Produkte umzustellen.

Ganz im Zeichen Europas stehen die 7. Königsbronner Gespräch am kommenden Wochenende. "Die Europäische Union vor der Wahl - Perspektiven für Sicherheit und Wirtschaft für unsere Heimat", lautet die Überschrift der Konferenz, die am 23. März in der Kulturhalle Hammerschmiede über die Bühne geht. Hauptredner ist der Minister für Justiz und Europa Guido Wolf (CDU). "Die Moderation übernimmt ein bekanntes Gesicht aus dem ARD Hauptstadtstudio, der von der Ostalb stammende TV-Korrespondent Michael Stempfle", heißt es auf der Homepage von Roderich Kiesewetter. Für den CDU-Bundestagsabgeordneten, der auf der Ostalb seinen Wahlkreis hat, ist der Regionalbezug wichtig. "Als direkt gewählter Wahlkreisabgeordneter von Aalen-Heidenheim habe ich mit den Königsbronner Gesprächen eine Plattform geschaffen, auf der Bürgerinnen und Bürger vor Ort über aktuelle Herausforderungen diskutieren können", erklärt Kiesewetter gegenüber Kontext.

Der ehemalige Generalstabsoffizier betont, dass sämtliche finanziellen Aufwendungen von den Veranstaltern getragen werden. Neben Kiesewetter gehören die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), eine der wichtigsten militärpolitischen Thinktanks in Deutschland, und das Bildungswerk des Deutschen Bundeswehrverbandes Karl-Theodor-Molinari-Stiftung (KTMS) zu den Mitveranstaltern. Bis 2016 gehörte auch der Deutsche Reservistenverband dazu, dessen Präsident Kiesewetter war. Nachdem er wegen Querelen um finanzielle Unregelmäßigkeiten zurückgetreten war, taucht der Verband nicht mehr unter den Mitveranstaltern auf.

Kritik am Auftritt des Bundestagsabgeordneten von der Linkspartei

Doch die wichtige Rolle der Militärs ist auch weiterhin auf der Tagung nicht zu übersehen. So soll Generalleutnant Markus Laubenthal am Samstagvormittag den Einführungsvortrag halten. Nach einer kurzen Pause wird der Abteilungsleiter Führung Streitkräfte im Bundesverteidigungsministerium dann auf einem Panel zu der Frage diskutieren, ob Deutschland seiner Verantwortung in der Außen- und Sicherheitspolitik gerecht wird. Der Stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundeswehrverbands Andreas Steinmetz stärkt die Seite des Militärs. Mit am Podium wird neben Kiesewetter auch Ronja Kempin von der Stiftung für Wirtschaft und Politik sitzen. Angefragt ist zudem die Friedensforscherin Ines-Jacqueline Werkner.

Am Nachmittag dann soll es um die Stärkung der regionalen Wirtschaft gehen. Auf dem Panel mit der Fragestellung "Wirtschaft im Gemeinsamen Binnenmarkt – Zukunftschancen für unsere Region?" wird auch der Bundestagsabgeordnete der Linken Klaus Ernst auftreten. Er sei von Roderich Kiesewetter gefragt worden, ob er bei den diesjährigen Gesprächen in seiner Funktion als Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Energie im Bundestag einen Beitrag halten wolle, erklärte Ernst gegenüber Kontext. "Meine Devise lautet grundsätzlich, jede Einladung anzunehmen, wenn die Möglichkeit besteht, die eigenen Positionen auf einer solchen Konferenz vertreten zu können", betonte der Linkspolitiker. Er habe allerdings auch Verständnis für Friedensgruppen aus der Region, die solche Einladungen als Vereinnahmungsversuch ablehnen.

Zu diesen KritikerInnen gehört Christa Klink.

Klaus Ernst soll absagen – dazu fordert ihn neben anderen Unterzeichnern auch seine Parteigenossin Klink in einem Brief auf. Ernst ist allerdings nicht der erste Politiker der Linken, der an den Königsbronner Gesprächen teilnimmt. Bereits 2015 hatte der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Stefan Liebich mit seiner Beteiligung Kritik auf sich gezogen. Die bekommt jetzt auch Klaus Ernst zu spüren, "Wir haben ihn gebeten, sich am Samstag mit uns an der Mahnmache gegen Militarismus zu beteiligen", erklärt Klink.

Ab neun Uhr wollen sich die AntimilitaristInnen vor dem Eingang der Hammerschmiede postieren und die GesprächsteilnehmerInnen mit Transparenten gegen Rüstung und Krieg konfrontieren. "Wir wollen deutlich machen, dass mit Militär und Rüstung keine Zukunftsfragen gelöst werden. Dafür braucht es eine Politik der Abrüstung und Kooperation", betont Klink. Doch das antimilitaristische Bündnis belässt es nicht bei der Mahnwache. Bereits am 21. März lädt es um 19 Uhr zu den Königsbronner Friedensgesprächen ebenfalls in die Hammerschmiede ein.

Königsbronner Friedensgespräche als Gegenveranstaltung

"Als wir erfahren haben, dass die Gemeinde die Räumlichkeiten den VeranstalterInnen der Königsbronner Gespräche kostenlos zur Verfügung stellt, haben wir gefordert, dass wir den Raum auch haben wollen, um unsere Alternative vorzustellen", erzählt Klink. Das wird Lühr Henken in seinem Vortrag übernehmen, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag und Verfasser der Broschüre "Kein Frieden mit der Europäischen Union" der Tübinger <link https: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft widerstand-braucht-information-4906.html _blank internal-link-new-window>Informationsstelle Militarisierung (IMI). Ein weiterer Schwerpunkt wird die nukleare Aufrüstung sein, die durch die Kündigung des INF-Vertrages befeuert wurde.

Diese Position ist auch dem Pazifisten Roland Bach wichtig, der in der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Baden Württemberg aktiv ist. "Wir wollen aufzeigen, dass der Einsatz von Militär nur zu immer mehr Unsicherheit führt, und deutlich machen, dass internationale Kooperation die einzige Alternative ist", skizziert Bach den Gegenentwurf zu den Königsbronner Gesprächen.

Vor fünf Jahren hatten die AntimilitaristInnen noch eine überregionale Demonstrationen organisiert, an denen sich auch Menschen aus Stuttgart, Tübingen und Freiburg beteiligt hatten. Nach längeren Diskussionen habe man aber entschieden, sich auf die Königsbronner Friedensgespräche im Vorfeld und die Mahnwache am Samstag zu konzentrieren, erläutert Klink. Allerdings musste man feststellen, dass sich an den Demonstrationen auch jüngere Menschen beteiligten, die jetzt wegbleiben. Marcel Kallwass war 2014 Pressesprecher des Protestbündnisses, als sich rund 120 Menschen in dem kleinen Ort versammelten. Kallwass drückte damals die Hoffnung aus, dass die Zahl der TeilnehmerInnen in den nächsten Jahren wachesen werde. Doch regionale Friedensgruppen fürchteten, dass die Linken aus den größeren Städten die BewohnerInnen in der kleinen Gemeinde Königsbronn mit zu radikalen Parolen verschrecken könnten.

Lange geschmäht, von allen vereinnahmt: Widerstandskämpfer Elser

Auf der Mahnwache wird wie in den letzten Jahren wieder ein Transparent mit der Aufschrift "Ich habe den Krieg verhindern wollen! Georg Elser" zu sehen sein. Der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, der 1939 vor einer Gedenkveranstaltung der NSDAP eine Bombe im Münchner Bürgerbräukeller platzierte, die Hitler nur verschonte, weil er die Veranstaltung vorzeitig verlassen hatte, verbrachte den größten Teil seines Lebens in Königsbronn. Ganz in der Nähe der Hammerschmiede befindet sich die 1998 errichtete Georg Elser Gedenkstätte. Lange wollte die Gemeinde mit Elser nicht in Verbindung gebracht werden. Doch heute beziehen sich nicht nur die KritikerInnen der Königsbronner Gespräche positiv auf ihn. "Als Geburtsort des Widerstandskämpfers Georg Elser ist Königsbronn ein Ort, der zur Debatte ermutigt. Es geht darum, sich mutig für unsere gemeinsame Zukunft einzusetzen und darüber zu debattieren", erklärt Kiesewetter gegenüber Kontext.

Christa Klink nennt das Vereinnahmung. "Elser kämpfte gegen Militär und Krieg", betont sie. Darin sieht sie eine Verantwortung auch für die Landesregierung von Baden-Württemberg. Die müsse sich dafür einsetzen, dass die zahlreichen Rüstungsbetriebe im Land auf die Produktion ziviler Produkte umgestellt werden.


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