Die "Mutter aller Schlachten", wie Gisela Erler es nennt, war schon vorüber, als Grün-Rot am 14. März 2013 mit dem neuen Umweltverwaltungsgesetz das erste Vorhaben zur Diskussion auf seinem neuen Beteiligungsportal im Netz freigab. Dass die martialisch beschriebene Auseinandersetzung um den Stuttgarter Hauptbahnhof von vielen bis heute unverdaut ist, weiß auch die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung. "Alle Paradoxien direkter Demokratie sind in dem Volksentscheid über Stuttgart 21 versammelt", sagt Erler. Die Regierung mit den Sozialdemokraten und der Machtwechsel nach 58 Jahren CDU sei überhaupt nur möglich gewesen dank der Idee, den Bürgerinnen und Bürgern einen "essenziellen Dissens" zur Abstimmung vorzulegen. Das Ergebnis kam mit zu Stande, "weil wir Gegner uns nicht durchsetzen konnten". Jetzt stellten sich zwar nach und nach alle Argumente der S-21-Kritiker als richtig heraus. Und doch gelte für den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann "das Plebiszit vorbehaltlos".
Der Mantel allzu nachsichtigen grünen Schweigens liegt bis heute über Vorgeschichte und Ablauf der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 im November 2011. Denn die oppositionelle CDU tat viel dazu, um den ganzen Prozess zu diskreditieren. Zahlreiche Plenarprotokolle belegen ihre Strategie, etwa bei der Debatte im Juli 2011 über die von Grün-Rot ins Spiel gebrachte, später ohnehin mit zwei Drittel-Mehrheit beschlossene Absenkung des erforderlichen Quorums für die Gültigkeit eines Entscheids. Erler, die Neue, die sich als Familienforscherin einen Namen gemacht hatte, der Ministerpräsident und vor allem Verkehrsminister Winfried Hermann sollten in möglichst schlechtes Licht gerückt werden. Kretschmann musste sich vorwerfen lassen, die Landesverfassung zum Spielball grüner Interessen machen zu wollen. So forderte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Winfried Mack die Grünen sogar auf, "im Sinne einer guten und vernünftigen politischen Kultur" den Widerstand zu beenden, statt "immer neuen Sand ins Getriebe zu streuen".
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Thomas Rothschild
am 24.03.2018