Jetzt allerdings geht es aufwärts mit der SPD, und die Spitzen-Grünen halten es mit Bertolt Brechts Ballade von dem Menschen, der einen Plan macht und noch einen und "gehn tun sie beide nicht". Kretschmann selbst lässt nicht nur gerne durchblicken, dass er einiges hält vom früheren EU-Parlamentspräsidenten Schulz, es gibt sogar Lob für den linken Erfurter Kollegen <link http: www.kontextwochenzeitung.de ueberm-kesselrand der-papst-ist-der-groesste-3597.html _blank external-link>Bodo Ramelow, mit dem er "sehr ordentlich" zusammenarbeite. Für einen erfolgreichen Schwenk weg von der Union müssten jedoch alte Fehleinschätzungen über Bord gehen: Teile der Partei, der Stuttgarter Regierungschef gehört dazu, wollten aus der Niederlage vor dreieinhalb Jahren partout die falschen Schlüsse ziehen. Mit dem linken Spitzenkandidaten Trittin und den angeblich so falschen Steuer- und Bevormundungsplänen – Stichwort Veggie Day – waren die vermeintlich Schuldigen schnell gefunden, unter tätiger Mithilfe naseweiser Medien, denen fast unisono die ganze Richtung nicht gepasst hatte. Dabei hatte auch über Wahlprogramm und Schwerpunkte die Basis abgestimmt. Hohn und Spott gerade von Parteifreunden musste Trittin über sich ergehen lassen, als er sich Gehör zu verschaffen versuchte mit dem Hinweis, dass die 8,4 Prozent das drittbeste Bundestagswahlergebnis in der grünen Geschichte darstellten und fast zwei Prozentpunkte über dem von 1998 lagen. Und das war immerhin die Basis für die Regierung Schröder/Fischer gewesen.
Ein Lagerwahlkampf könnte Prozente bringen
Gerade in der Retrospektive des historischen Erfolgs vor bald 19 Jahren darf der Blick aufs Wahlrecht nicht fehlen. Sich alle Optionen offenzuhalten, mag gerade noch angehen in volatilen Ländern mit Einstimmen-Wahlrecht. Bei einer Bundestagswahl mit ihrem Zwei-Stimmen-Wahlrecht wollen die Wähler und Wählerinnen aber wissen, woran sie sind. Nach der Wahl von 1990 ergab eine Studie sehr wohl die Bereitschaft eines Teils der SPD-Anhängerschaft, mit der Zweitstimme Grün zu wählen – vorausgesetzt eine eindeutige Absichtserklärung, die Erststimme in Wahlkreisen mit aussichtsreichen SPD-Kandidaten und -Kandidatinnen im Gegenzug ebendiesen zu überlassen.
Bester Beleg für das Funktionieren von Geben und Nehmen im Lagerwahlkampf ist Stuttgart 1998: Beide Wahlkreise gingen an die Sozialdemokraten (Ute Kumpf und Ernst-Ulrich von Weizsäcker). Die CDU musste entsetzt feststellen, dass sie insgesamt im Land nicht weniger als 13 sichergeglaubte Direktmandate an die SPD verloren hatte, weil ausreichend große Teile der rot-grünen Wählerschaft ihre zwei Stimmen sinnvoll einzusetzen wussten. Wobei 2017 aus Rot-Grün je nach Ausgangslage Grün-Rot werden müsste, weil die Grünen in Baden-Württemberg inzwischen in vielen Wahlkreisen größere Chancen auf den ersten Platz haben. Werden sich die beiden nicht einig, könnte die CDU jeden einzelnen der 37 Wahlkreise für sich entscheiden.
14 Kommentare verfügbar
Horst Ruch
am 18.04.2017...mittels Doppelpass konnte endlich Kretschmann's Demokratie"Mehrheits"idiologie in der Türkei den Beweis antreten.....weiter so mit sachbezogenem Grün, oder mit politisch gefärbten Chamäleonfarben?