Im Vergleich zur Grube-Personalie ging Schmalzls Entsendung in den Bahn-Aufsichtsrat geräuschlos, ohne großes öffentliches Aufheben, über die Bühne. Dennoch ist auch sie bemerkenswert. Gleich in mehrfacher Hinsicht. Denn zuletzt kontrollierte der parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter in Schäubles Auftrag den staatseigenen Bahnkonzern. Schon länger kursierten Gerüchte, dass sich der CDU-Mann aus der Politik verabschieden wolle. Im Juni 2015 wurde bekannt, dass Kampeter als Hauptgeschäftsführer zur Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) wechselt. Ein einflussreiches Amt, dass er am 1. Juli vergangenen Jahres schließlich antrat.
Der Wechsel aus der Politik zur mächtigsten Lobbyorganisation der hiesigen Wirtschaft verlief übergangslos. Zwar gab Kampeter Mitte 2015 sein Amt als parlamentarischer Staatssekretär auf, um die damals nach heftigen Gezerre beschlossene Karenzzeit von 12 Monaten bei Ausscheiden aus einem öffentlichen Amt zu wahren. Sein Bundestagsmandat, das er ein Vierteljahrhundert für die CDU ausübte, gab er aber erst zurück, als er schon am BDA-Schreibtisch saß.
Aus dem Staatskonzern zog sich der (Ex-)Politiker sogar noch später zurück. "Herr Parlamentarischer Staatssekretär a. D. Kampeter hat sein Mandat im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG (DB AG) mit Wirkung zum 24. November 2016 niedergelegt", teilt Schäubles Ministerium auf Anfrage mit. Mögliche Interessenkonflikte sah offenbar niemand. Dabei sitzen in den BDA-Gremien zum einen Topmanager großer DB-Zulieferer, etwa vom Münchner Technologiekonzern Siemens. Zum anderen gehörte zum BDA-Vorstand auch Bahnchef Rüdiger Grube, dessen Arbeit Kampeter als Aufsichtsrat eigentlich hätte überwachen sollen. Der Ex-CDU-Politiker diente zeitweilig zwei Herren.
Immerhin: Schmalzl weiß etwas über Stuttgart 21
Die Entsendung von Schmalzl in den Bahn-Aufsichtsrat heilt diesen Zustand zwar. Aber auch sie wirft Fragen auf. Denn bislang vertraten ausschließlich beamtete oder parlamentarische Staatssekretäre aus den zuständigen Ministerien Verkehr, Wirtschaft und Finanzen den Bund im Kontrollgremium. Hätte dieses ungeschriebene Gesetz noch Bestand, wäre eigentlich Finanzstaatsekretär Johannes Geismann die erste Wahl, zu dessen Geschäftsbereich die Abteilung VIII gehört. Zur Verfügung gestanden hätten auch die parlamentarischen Staatssekretäre Michael Meister und Jens Spahn, die wie Schäuble der CDU-Bundestagsfraktion angehören. Warum der Finanzminister die Aufsicht über den größten deutschen Staatskonzern in die Hände eines Abteilungsleiters legt, der quasi noch in Probezeit ist, will sein Sprecher nicht verraten. "Zu den internen Überlegungen im Zusammenhang mit der Besetzung von Mandaten in Überwachungsorganen nimmt das Bundesministerium der Finanzen üblicherweise keine Stellung", lässt er wissen.
Vielleicht sprachen gerade fachliche Gründe für Schmalzl als Bahn-Aufseher. Denn zumindest in einem Feld, das dem einstigen Konzernchef Grube und seinem Vorstand seit Jahren Sorgen macht, kennt sich der Ministeriumsnovize gut aus. Als schwäbischer Regierungspräsident verantwortete Schmalzl zahlreiche Genehmigungsverfahren zu Stuttgart 21. Diese vollzog seine Behörde im Auftrag des Eisenbahnbundesamts.
Bei Anhörungen und Erörterungen zum milliardenschweren Tiefbahnhofsbau kam es zu faustdicken Pannen. Im Juli 2013 endete die Beteiligungsveranstaltung zum Grundwassermanagement nach zwei Tagen vorzeitig in einem Eklat. Den von Schmalzl ausgewählten Sitzungsleiter hatten Projektkritiker der Befangenheit überführt. Der Beamte hatte einen S-21-Unterstützeraufruf unterzeichnet und sich in Blogs herablassend über Tiefbahnhofgegner mokiert. Die Sitzung hatte Schmalzl gegen Einwände der beteiligten Ministerien überhastet um Monate vorverlegt, auch weil die Bahn dringend auf ein behördliches Plazet beim Grundwassermanagement wartete.
Immer für die FDP und gegen die Bahnhofsgegner
Bei der Erörterung zur Flughafenanbindung, die im Herbst 2014 angesetzt war, entlarvten nicht Schmalzls Fachleute die Planungen der Bahn als untauglich. Dass die vorgesehene Trassenführung der Gäubahn das gesamte Stuttgarter S-Bahnnetz massiv aus dem Takt bringen würde, diesen Nachweis erbrachte erst ein Dresdner Verkehrsgutachter, den die Anrainergemeinde Leinfelden-Echterdingen auf eigene Kosten beauftragt hatte.
3 Kommentare verfügbar
andromeda
am 02.02.2017Wenn S21 mal fertig sein sollte mit 15-20 Mrd. Kosten ,
wie dann der Privatisierungspreis ,
- vor ein paar Jahren , -so glaube ich mich zu erinnern - ,
sollten es 28 Mrd.(?) für ALLES sein- ,
…