Aber Feinstaub ist ein komplexes Problem. Ein weit verbreiteter Irrtum besteht darin, zu glauben, die kleinen Partikel stammten vorwiegend aus dem Auspuff. An den Hauptverkehrsstraßen ist die erste Ursache der Reifen- und Bremsabrieb. Da nützen auch Elektroautos nichts. Bei dem zweiten großen Problem, den Stickoxiden, hingegen schon: Sie stammen weitestgehend aus den Verbrennungsabgasen. Und die Werte liegen überall zu hoch, nicht nur am Neckartor.
Tatsächlich habe die Stadt schon einiges erreicht, sagt OB Kuhn: Vor allem das Jobticket für Landesbedienstete kommt gut an. Die Fahrgastzahlen des Verkehrsverbunds (VVS) sind in den letzten Jahren jeweils um drei Prozent gestiegen, stärker als andernorts. Auch die Feinstaubwerte seien zurückgegangen, nur am Neckartor gebe es noch zu viele Überschreitungen.
Derweil taucht ein neues Problem auf: Auf die Stadt als Ganzes, nicht nur auf die großen Straßen bezogen, entwickeln sich die beliebten Holzöfen in Privatwohnungen nach und nach zum Feinstaub-Produzenten Nummer eins. Die Verantwortung dafür liegt nicht allein bei den Politikern, sagt Winfried Hermann und hat damit sogar recht: "Wir haben alle Verantwortung." Bei erhöhter Belastung sollen die Bürger künftig auf ihre "Komfort-Kamine" verzichten, sagt er. In der Tat lässt sich hier nur an die Vernunft appellieren.
100 000 Autos sollen an Alarm-Tagen stehen bleiben
Im Straßenverkehr sieht es anders aus. Das Problem existiert keineswegs nur am Neckartor. Aber da steht nunmal das Messgerät. Warum sollte es an der Staatsgalerie, am Marienplatz oder am Neckarufer bei Bad Cannstatt bei ebenso viel Verkehr weniger Feinstaub geben? Flächenberechnungen der Stadtklimatologen zeigen denn auch, dass das Problem überall entlang der großen Straßenachsen besteht. Da auch bei Elektroautos Reifen- und Bremsabrieb entsteht, hilft letztlich doch nur eine deutliche Reduzierung des Autoverkehrs.
Und hier beginnt das Problem: Hermann möchte erreichen, dass an Feinstaubalarm-Tagen 20 Prozent weniger Autos unterwegs sind. Auf der Feinstaubalarm-Website ist nachzulesen, dass täglich 890 000 Fahrzeuge die Gemarkungsgrenze überqueren. Die Stadt geht davon aus, dass es sich um 445 000 Fahrzeuge handelt, die morgens hin- und abends zurückfahren. Dazu kommen 81 000 Berufspendler innerhalb Stuttgarts. Insgesamt sind das mehr als 500 000 Autos, von denen mehr als 100 000 an Feinstaubalarm-Tagen in der Garage oder am Straßenrand stehen bleiben sollen.
4 Kommentare verfügbar
Bernhard Efinger
am 28.10.2016Im Stuttgarter Kessel, die Luft ist so dick,
greift man zu einem uralten, faulen Trick:
Mit Verboten den Verursachern zu winken,
weil Abgase nicht nur zum Himmel stinken,
sondern allen leidgeprüften Bewohnern dort,
die seither wohnen am kontaminierten Ort.
All jene Versuche sind kläglich gescheitert,
laufend hat man Schnapsideen erweitert,
die eine Heilsbotschaft sollten verkünden.
Man versuchte, die Heilung zu begründen
und kam letztendlich immer zu dem Schluss:
Die Gedanken sind zwar frei aber ein Stuss.
Wo alte Diesel sich in Dreierreihen winden
und Stickoxide sich mit Atemluft verbinden,
wird ein Albtraum wahr, es ist zum Lachen,
weil so was Menschen aus Habgier machen.
Die Natur ist belastet und auch Tiere leiden,
denn sie können das Übel nicht vermeiden.
Zieht ab den Gestank aus Stuttgarts Kessel
und befreit die Anrainer von dieser Fessel.
Politiker seid mal endlich klug und besonnen,
dann habt ihr im Vorfeld die Wahl gewonnen.
Nehmt Geld in die Hand, das verschwindet,
wenn man es nicht an solche Zwecke bindet.
Lobbyisten könnte man mit Namen nennen,
die nur hochprofitabelste Geschäfte kennen
und Gesundheit, wie auch das Wohlergehen
der Allgemeinheit mit anderen Augen sehen.
Sie haben doch jahrelang studiert und gelernt,
wie man sich von der Menschlichkeit entfernt.
Autor: Bernhard Efinger
CharlotteRath
am 25.12.2015Herr Schmalzl hatte 11 Jahre Zeit, das Problem hauptamtlich sehr ernst zu nehmen. In dieser Zeit scheint ihm nicht aufgefallen zu sein, dass es unter "allen Bürgerinnen und Bürgern" bereits einige geben soll, die sich in Stuttgart ohne motorgetriebenes Privatfahrzeug fortbewegen. Oder braucht Herr Schmalzl weitere 11 Jahre Amtszeit, um den Mut zusammenzukratzen, sich mit seinen Appellen an die richtige Zielgruppe zu wenden, nämlich an Autofahrerinnen und Autofahrer?
Nach 11 Jahren Amtstätigkeit könnte seinem "Überdenken" auch mal ein "Tun" folgen - besonders, nachdem er sich selbst öffentlich in die Pflicht nimmt ("wir) .
Herr Schmalzel, gehen Sie mit gutem Beispiel voran:
Ab dem 1.1.2016 nur noch mit öffentlichen Verkehr, dem Fahrrad und zu Fuß zu Ihren Stuttgarter Terminen!
Vielleicht hilft das auch der eigenen Meinungsbildung vorwärts?
Fußgehen, Radfahren und Warten an Bus- und Tramhaltestellen in einer Stadt bedeuten immer auch unfreiwillige Teilhabe am Autolärm und -gestank anderer ...
Roland Beck
am 23.12.2015- klare Hinweise, wenn jemand in der Lichtschranke der S-Bahn steht, also lautes Piepsen an dieser Tür mit zusätzlicher optischer Anzeige (*1). Das sollte die Verspätungen deutlich verbessern.
- Verlängerung wenigstens einer zusätlichen Linie der S4, S5 oder S6 während der Rush-Hour nach Vaihingen zur Entlastung der S1-S3. (*2)
- Ausbau des Schienennetzes, besonders im Innenstadtbereich, denn Busse stehen auch im Stau. Hier bietet sich das Konzept des VCDs zur Panoramabahn an (http://www.panoramabahn-stuttgart.de/), welches auch vor der Fertigstellung von S21 umsetzbar ist (*3).
- Einsatz von elektronischer Zugsteuerung um eine schnellere Zugfolge zu ermöglichen (*4).
- Einbau von Bahnsteigtüren an den unterirdischen Haltestellen (v.a. HBF und Stadtmitte), um einen sichereren Betrieb und höhere Einfahrtgeschwindigkeiten zu ermöglichen (https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnsteigt%C3%BCr) (*5)
(*1) Bis vor kurzem haben die Türen der S-Bahn nur beim Schließen gepiepst, also nicht, wenn jemand in der Lichtschranke steht. Mittlerweile scheint das bei einigen Bahnen verbessert zu sein, jedoch ist das Piepsen recht leise und das kleine rote Blinklicht wird gerne übersehen.
(*2) Im Moment bekommt man in der S1-S3 erst ab Vaihingen einen Sitzplatz, da dort viele Fahrgäste aussteigen. Wenn man Autofahrer zum Umstieg auf die Bahn bewegen möchte, klappt das nur, wenn es genug Sitzplätze gibt.
(*3) Bei der Panoramabahn wäre es wichtig, heute schon den Platz für Haltestellen im Stadtgebiet und eventuelle Ausweichgleise für Zugüberholungen am Westbahnhof freizuhalten.
(*4) Trotzt Verspätung stehen Züge oft minutenlang an der Haltstelle und warten darauf, dass der Streckenabschnitt davor frei wird. Mit der heutigen Technik sollte eine Fahrt "Stoßstange an Stoßstange" möglich sein.
(*5) Bahnsteigtüren verhindern außerdem Störungen durch Luftballons, die ja zu Zeiten des Volksfests, Frühlingsfests, Weindorfs oder Weihnachtsmarkts zu lange andauernden Ausfällen der S-Bahn führen.
Blender
am 16.12.2015Hat die o.g. Behauptung schon mal jemand bewiesen, oder stammt das aus Ex-Verkehrsministers und Autolobbyists Wissmann's Anti-Elektro-Auto Desinformationsmappen? Die Rechnung zur o.g. Behauptung würde ich gerne genauer unter die Lupe nehmen.
Erstens: Nie im Leben glaube ich, dass der größte Teil des Feinstaubs von Bremsen und Reifen kommt. Ich brauche für mein Auto innerhalb von 4 Jahren ca. 20 kg Reifenprofil bzw. Bremsscheiben während ich in der selben Zeit ca. 10000kg Sprit verbrenne.
Zweitens: Aber selbst wenn es stimmte dass der Feinstaub hauptsächlich vom bremsen stammt, produzieren E-Autos beim Verlangsamen trotzdem wesentlich weniger Feinstaub, da sie oft durch Energierückgewinnungssysteme langsamer werden und eben NICHT durch betätigen von Bremsen.