Sie haben es geschafft. Aus eigenen Kräften. Julia Baumann-Scheyer hat als Leiterin der Lindauer Lokalredaktion den Sparzwang bei der "Schwäbischen Zeitung" nicht mehr mitgetragen. Sie wollte weg von schnellen Clicks und wieder mehr Zeit für Recherchen haben. Gemeinsam mit der Kollegin Ronja Straub gründete sie ihre eigene Online-Zeitung.
"Kolumna" heißt die Neue vom Bodensee, und seit wenigen Tagen hat sie über Crowdfunding die nötigen Unterstützer:innen zusammen, um loslegen zu können. "'Kolumna' ist unser Beitrag zur Demokratieförderung", sagt die 38-Jährige, "denn nur wer gut informiert ist, kann mitsprechen und mitentscheiden." Das Motto in Lindau: Lass neuen Lokaljournalismus entstehen. Der Meinungsvielfalt hilft das allemal.
Die ist nötiger denn je. Seit Ende vergangenen Jahres gibt es auch in Deutschland erstmals eine wissenschaftliche Untersuchung zur Medienvielfalt im Land, Titel: "Wüstenradar". Was Pressekonzentration, was vor allem das Schwinden der Lokalberichterstattung für die Gesellschaft bedeutet, haben Studien in den USA längst bewiesen: In den Zeitungswüsten blühen Korruption in der Verwaltung und Umweltsünden in den Betrieben. Und Leute wie Donald Trump. Auch in Deutschland ist es "fünf vor zwölf", befand der Hamburger Mediensenator Carsten Brosda bei der Vorstellung des "Wüstenradars" in Berlin. "Kolumna" ist eine kleine Oase in der versteppenden Zeitungslandschaft. Und es werden immer mehr.
Veränderungen erfordern immer Mut
"Wir brauchen solche mutigen Gründer:innen", sagt Stephanie Reuter, die als Geschäftsführerin der Augstein-Stiftung den "Wüstenradar" mitfinanziert und angestoßen hat. "Und wir müssen dem Journalismus fürs Gemeinwohl als dritte Säule endlich Rechtssicherheit geben." Das ist Sache des Bundes und das weiß auch Rudi Hoogvliet (Grüne), der baden-württembergische Staatssekretär für Medienpolitik mit Sitz in Berlin. "Wir können in den Ländern zumindest Druck auf den Bund ausüben", betont Hoogvliet gegenüber Kontext. "Es spricht einiges dafür, dass der gemeinnützige Journalismus in den Katalog der Abgabenordnung aufgenommen werden sollte."
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Philippe Ressing
am 20.02.2025