Es darf angenommen werden, dass Fritz Kuhns Sprecher nicht sehr darunter gelitten hat, dass er keine Wunderkerzen anzünden durfte. Bekanntlich war der frühere Stuttgarter Oberbürgermeister eher der zurückhaltende Typ, was Feuerwerke anbelangte, und Andreas Scharf kam damit gut zurecht, weil ihm das Gediegene auch lieber war. Insofern haben die beiden zusammengepasst, woraus über die Jahre allerdings eine gewisse Langeweile in der Stadt entstand, die immer häufiger nach Spektakulum verlangte. Dann ging der grüne Fritz, mit ihm sein Scharf, schließlich kann ein Sprecher nicht für jeden sprechen. Das wäre zu anstrengend, denn wenn die Person ein Profi ist, wird sie im Kopf des Meisters zuhause sein und sagen (oder auch nicht), was er sagen würde.
Es folgte Frank Nopper. Das schwarze Gegenmodell. In Backnang hatte er die Dinge weitgehend alleine geregelt, aber das war in der Landeshauptstadt unmöglich, weil fast jedes von vielen Dingen eine Chefsache wurde: Klettern im Metropol, freilaufende "Querdenker", unordentliche Jugendliche, nicht gehisste Regenbogenfahnen, ein renitenter Bildhauer, der sein S-21-Denkmal nicht verrücken wollte, eine "Äffle und Pferdle"-Statue vor dem Rathaus. Zu allem sollte er sich äußern, ohne vertrauten Kommunikator, was ihm offenbar so gefährlich erschien, dass Gefragtes und Geäußertes der Schriftform bedurfte. Kontext hat damit so seine Erfahrungen gemacht. Andere auch.
Verschärfend kam des Schultes' Versprechen hinzu, aus Stuttgart einen "leuchtenden Stern des Südens" zu machen, woraus sich mancherlei Widersprüchlichkeiten ergaben, die nur schwer zu vermitteln waren. Es heißt, Nopper versuche es über zwei Journalisten der StZN, den Lokalchef Jan Sellner und den Gesellschaftsreporter Uwe Bogen. Aber das ist natürlich keine Lösung auf Dauer.
Jetzt hat er eine Kommunikatorin gefunden: Susanne Kaufmann, 54, Leiterin des SWR-Magazins "Kunscht!" und der SWR2-Kulturredaktion Baden-Württemberg. Zum 1. September tritt sie ihr Amt an, als Vorsteherin einer 50-köpfigen Abteilung und her masters voice. Unbefristet und unbelastet von der Frage, ob so ein Seitenwechsel in Ordnung ist. Das mag zunächst erstaunlich klingen, gilt das Personal aus dem Feuilleton doch gemeinhin als links(liberal) und regierungskritisch, eine Einschätzung bis hinein in die SWR-Chefredaktion, die "am Spielfeldrand" steht und sich verwundert die Augen reibt. Aber das ist altes Denken.
Arnold, Klopfer, Palmer, Nopper – alles eine Linie
Bei ihrem Besuch in der Kontext-Redaktion erzählt sie, dass ihr künftiger Vorgesetzter "keine parteipolitischen Scheuklappen" trage, genauso wenig wie sie, die aus Prinzip keiner Partei angehöre. Und, ganz ehrlich, beide könnten doch Kanzler, Laschet und Baerbock, alle seien doch gute Oberbürgermeister, der Arnold in Schwäbisch Gmünd, der Klopfer in Schorndorf, der Palmer in Tübingen, und eben Nopper in Stuttgart. Alles eine Linie. Außerdem werde man im Alter konservativer.
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Philippe Ressing
am 16.07.2021