KONTEXT:Wochenzeitung
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Bestürzt und empört über die StZN

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Wo bleibt der Protest gegen die Fusion im Stuttgarter Pressehaus? Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport müssten die "eklatante Verarmung" doch bemerken, wundert sich unser Autor und kommentiert deren Stillschweigen scharf.

Mit nachhaltiger Bestürzung und nicht geringer Empörung habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Redaktionen der "Stuttgarter Zeitung" (StZ) und der "Stuttgarter Nachrichten" (StN) zusammengelegt werden sollen. Ich befürchte, diese Maßnahme wird zu einer eklatanten Verarmung der Pressevielfalt in Stuttgart, in der Region und in Baden-Württemberg führen, mit gravierenden negativen Auswirkungen auf die Berichterstattung über Kommunalpolitik, Landespolitik, Wirtschaft, Kultur und Sport.

Es kann doch, bitte schön, den Stuttgarter Stadträten, den Landtagsabgeordneten, den Sportlern und den Sportfunktionären sowie den Entscheidungsträgern in der Wirtschaft und der Kultur nicht gleichgültig sein, wenn sich ihre Tätigkeit nur noch in einem einzigen journalistischen Blick spiegeln wird! Vor diesem Hintergrund hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn die geplante Verschmelzung der beiden Blätter mit guten Gründen bereits deutlich kritisiert.

Nach meiner Auffassung kann der Umstand, dass StZ und StN künftig in einer Gemeinschaftsredaktion arbeiten, keinesfalls begründet werden mit einem allfälligen "Medienwandel". Dieses Argument verschleiert und mystifiziert tatsächliche Absichten.

Somit drängen sich mir, der vormals in Möhringen gearbeitet hat, eine Reihe von Fragen auf: Werden die Stuttgarter Zeitungen ruiniert? Werden die Stuttgarter Zeitungen kaputtgespart? Werden sie von einem einfallslosen und vorwiegend gewinnorientierten Management gegen die Wand gefahren? Man kann den Eindruck haben, dass dem so ist.

Generell muss man ohnehin in der bundesdeutschen Zeitungslandschaft und somit auch bezogen auf die Stuttgarter Situation eine verhängnisvolle Tendenz zu seichter Unterhaltsamkeit und zu ausufernder Berichterstattung über Pseudoereignisse des Boulevard feststellen. Fernerhin auch einen üblen Trend zu einer Personalisierung fast jedweden Themas. Hinzu kommt eine teils maßlose Bebilderung und eine Dominanz von grafischem Firlefanz und Schnickschnack. Layoutumstellungen haben, das lässt sich unzweideutig feststellen, zu weniger journalistischem Inhalt geführt.

All dies – und jetzt auch noch verstärkt durch die beabsichtigte Zusammenlegung der beiden Stuttgarter Blätter – führt nach meiner festen Überzeugung zu einem teils schleichenden, teils offen zutage liegenden Verfall des vormaligen Stuttgarter Qualitätsjournalismus.

 

Rainer Wochele ist Stuttgarter Schriftsteller und Mitglied im deutschen PEN-Zentrum. Zuletzt hat er die Romane "Sand und Seide" und "Der Katzenkönig" (Klöpfer & Meyer) veröffentlicht. Wochele war von 1969 bis 1982 Journalist bei der "Stuttgarter Zeitung".

 

David kämpft für Goliath

Über hundert Verfechter der Pressevielfalt haben unseren Aufruf "David kämpft für Goliath" inzwischen unterzeichnet. Darunter viele Prominente aus Stadt, Land und Bund. Wir wünschen uns, dass es – wegen der Bedeutung des Themas – noch mehr werden. <link http: www.kontextwochenzeitung.de medien wir-fordern-pressevielfalt-2943.html _blank internal-link-new-window>Zur Aktion bitte hier entlang.


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15 Kommentare verfügbar

  • By-the-way
    am 17.07.2015
    Antworten
    Zitat:
    "Wo bleibt der Protest gegen die Fusion im Stuttgarter Pressehaus? Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport müssten die "eklatante Verarmung" doch bemerken, wundert sich unser Autor und kommentiert deren Stillschweigen scharf."

    Hier irrt der Autor.
    Die "eklatante Verarmung" im Pressehaus im…
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