Jetzt ist Schluss mit lustig! Jetzt geht es nämlich hinein in die Rottweiler Fasnet zum Narrensprung! Und wer sich dabei nicht an die Regeln hält und das alles nicht sehr, sehr ernst nimmt, der hat hier nichts zu suchen. Irgendeiner aber hat jetzt doch was gemacht mit einem Glöcklein, so wird es berichtet in einer Nach- und Vorbesprechung, etwas "luschtig" Gemeintes, und das geht einfach nicht! "Mir sind nicht Dick und Doof", empört sich einer, "mir sind keine Witzfiguren, wir repräsentieren die Narrenzunft Rottweil." In den tollen Tagen des rheinischen Karnevals mag hie und da noch ein bisschen Anarchisches ausbrechen, in der schwäbisch-alemannischen Fasnet aber – und vor allem in Rottweil – hat alles seine Ordnung. Und ein bisschen düster wirkt das noch dazu. Die Fasnet, so erklärt am Ende dieses Films ein Volkskundler, sei auch "ein Spiel mit der Endlichkeit menschlicher Existenz."
Mehr als drei Jahre lang haben das Regie-Duo Sigrun Köhler und Wiltrud Baier, auch bekannt als Böller und Brot, an ihrem Dokumentarfilm "Narren" gedreht. Eigentlich war er schon 2020 fertig und sollte punktgenau zum Beginn der Fasnet in die Kinos kommen, aber dann kam Corona und der Termin musste um ein Jahr verschoben werden. Auf ein Neues also beziehungsweise: Auf das Alte! Weil die Rottweiler Narren im Neuen ja eine Gefahr sehen. "Haltet hoch die Tradition, weichet niemals ab davon ...", singen hier schon die Vorschulkinder. Und in der Vorstandssitzung, die unter der besorgten Frage "Quo vadis Fasnet?" steht, ist man (was hier im Wesentlichen immer noch Mann bedeutet) einerseits stolz auf die anwachsende Zahl der Narren ("4.200 bis 4.400!"), anderseits wird deren laxe Lizenzierung beklagt.
Der eine hatte Glück, der andere Durchfall
Nein, da kann nicht einfach jeder kommen und als Treiber, Federhannes, Goller oder gar als Rössle durchs Schwarze Tor ziehen. Wobei es natürlich nicht "als", sondern "im" Rössle heißen muss, weil man auf diese Konstruktion nicht auf-, sondern einsteigt und dann auf eigenen Beinen herumgaloppelt. Wer da ausgewählt wird, wer da einsteigen darf? Na, das hat zu tun mit Verwandtschaft, Familientradition, Beziehungen und manchmal auch mit ein bisschen Glück: "Jemand anderer hat Durchfall gehabt und ich nicht!" Auch für andere Rollen gilt: Mindestens zehn Jahre muss einer schon im Ort gelebt haben, muss die strengen Rottweiler Fasnets-Regeln kennen, muss auch Schwäbisch schwätzen können. Jedes Kostüm, jedes Häs muss zudem von einer Art Fasnets-TÜV abgenommen werden und wenn was abweicht von den Vorbildern, "dann gibt's keine Plakette, dann ist es kein Original Rottweiler Narrenkleid!" Sonst noch was? Ach so, ja, beim Narrensprung muss jeder auf Verlangen seine nummerierte Zulassungsmarke vorzeigen können.
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