Da kann gar nichts passieren. Das Wetter ist gut, das Flugzeug taucht sanft zur Landung hinab in die Wolken, und Tony (Tim Roth) ist die Ruhe selbst. Seine junge Frau Chris (Vicky Krieps) jedoch kann gar nicht raussehen, sie hat sich eine Binde über die Augen gezogen, den Kopf an seine Brust gelegt und sagt, wenn sie sterben würden, wäre June eine Waise. Aber es scheint auf diesem Trip nach Fårö, den die beiden ohne ihre kleine Tochter machen, auch weiter alles gut geregelt: Der Mietwagen steht da, der Navigator kennt die Adresse, die Fähre ist pünktlich, die Fahrt ohne Probleme. Eine Verwalterin, stämmig, blond und sehr schwedisch, wartet auch schon und führt das Paar durch das Anwesen – weißes Haus, rotes Dach, blaues Geländer – , in dem Tony und Chris an ihren jeweiligen Drehbüchern arbeiten wollen. Im größeren der Schlafzimmer, wird ihnen erklärt, habe Ingmar Bergman "Szenen einer Ehe" gedreht, den Film, "wegen dem sich Millionen haben scheiden lassen".
"Bergman Island" wird zur Hommage an einen großen Regisseur – und gleichzeitig zu einer Auseinandersetzung mit diesem und zu einer Absetzbewegung. Zu einer weiblichen Absetzbewegung, muss man hinzufügen, und die wird von der französischen Regisseurin Mia Hansen-Løve ("Alles was kommt") als Geschichte einer Emanzipation erzählt. Während Tony sofort seinen Arbeitsplatz einrichtet, schaut Chris sich erst mal um, deutet dann auf die alte Windmühle gegenüber und sagt: "Ich glaube, ich richte mich hier ein." Später wird sie etwas unbeholfen über den felsigen Strand staksen und nach ein bisschen Zögern ins Meer eintauchen. "Genieß es!", ruft der an Land gebliebene Tony gönnerhaft.
Kampf und Zweifel
Die Hierarchien in dieser Beziehung sind klar. Der selbstsichere Tony, gut zwanzig, vielleicht auch dreißig Jahre älter als Chris, ist ein erfolgreicher Regisseur, sie dagegen - mädchenhaft, weich, unsicher und suchend - kämpft noch um ihre Karriere, zweifelt an ihrem Können, hadert mit sich und allem und fragt ihn immer wieder um Rat. Ob er es auf dieser Insel nicht zu nett und zu schön finde, will sie mal wissen: "All dieser Frieden, diese Perfektion… Ich find’s bedrückend." Er bleibt gelassen: "Nein, es ist beruhigend". Und fügt hinzu, dass schließlich niemand von ihr ein Meisterwerk wie von Bergman erwarte.
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!