Mit Sexismus ist es wie mit dem Rassismus: Niemand will's gewesen sein, Sexisten, das sind immer die Anderen. Der fickrige Sixtysomething im Büro hat ja nämlich "selbst eine junge Tochter" und kann deshalb gar kein Creep sein, wenn er ungefragt den Körper einer jungen Kollegin so kommentiert, dass man seine vergilbten Wichsgriffel schon allein beim Zuhören auf ihren Schultern grabbeln sieht. Auch der gescheiterte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet (60) will kein Sexist sein, wenn er während eines Interviews zur Flutkatastrophe in NRW im WDR-Fernsehen von der gestandenen Journalistin Susanne Wieseler (52) im WDR argumentativ in die Zange genommen wird und in bester Zotenonkel-Manier herablassend "Entschuldigen Sie, junge Frau" sagt, weil ihm sonst nix Besseres einfällt. Und wenn ein "Bild"-Chefredakteur auf Koks seine Position und Macht für sexuelle Kontakte mit ihm unterstellten Frauen missbraucht und ein Klima fördert, in dem Frauen nach "Fuckabiliy" bewertet und eingestellt werden? Tja, dann sind es am Ende die Frauen, die den Mut hatten, sich zusammenzuschließen und den systematischen Machtmissbrauch öffentlich zu machen, die dann vom Springer-Verlag verklagt werden. Denn Sexisten, das sind die Anderen. Keine Kollegen, Kanzlerkandidaten, Filmproduzenten, Chefs von Zeitungen oder man selbst.
Da kann es den Leuten immer und immer wieder unter die Nase gerieben werden. Da können Frauen sogar mit Klarnamen über sexuelle Übergriffe bei "Bild" München schreiben. Da kann es Studien geben, die belegen, dass jede zweite Frau schon sexuell belästigt wurde. Aber Sexismus? Nää! Ham wer nich. Hat nicht vielmehr das vermeintliche Opfer ein Problem? Will mächtigen Männern schaden? Ist frustriert, enttäuscht, gestört und am Ende sogar selbst die intrigante Täterin? Kommt vor, ja. Selten. Es ist ein einziges Trauerspiel, wie Sexismus, sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch im öffentlichen Diskurs immer und immer wieder zu Scheinproblemen erklärt werden, die lediglich hysterische Weiber, diese "Gendergaga"-Leute und identitätspolitisch verwirrte Linke haben, die vor lauter "wokeness" nicht mehr klar denken können und Probleme mit sich selbst auf ihre Außenwelt projizieren.
Am Ende wird immer auf die Frauen gezeigt
Das war bei Rainer "Sie können ein Dirndl auch ausfüllen" Brüderle im Jahr 2013 so, als er mit einer Journalistin lieber über seine Dirndl-Fantasien sprechen wollte als über Politik. Das wurde mit #metoo und dem US-Filmproduzenten Harvey Weinstein 2017 noch schlimmer. Zeigte sich bei zahlreichen Veröffentlichungen von Missbrauchsvorwürfen gegen Musiker wie Marilyn Manson. Und das ist 2021 mit Typen wie Julian Reichelt nicht besser: Wenn Männer ihre Macht missbrauchen, emotionale und ökonomische Abhängigkeiten schaffen und ein System (re-)produzieren, in dem Frauen, die Nein und Frauen, die Ja sagen gleichermaßen abgefuckt werden, dann wird am Ende trotzdem auf die Frauen gezeigt.
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