Der Bürgermeister des nordfranzösischen Kaffs Marly-Gomont ist wieder mal in die Großstadt gekommen, um einen Dorfarzt anzuheuern. Die fröhlichen Medizinstudenten, die im Bistro ihren Abschluss feiern, kennen ihn schon und lachen ihn wieder aus. Bloß der aus dem Kongo stammende Seyolo (Marc Zinga), der nicht zurück in die Heimat möchte und vor allem nicht Leibarzt des Diktators Mobutu werden will, zeigt Interesse. "Die haben aber noch nie einen Schwarzen gesehen", warnt der Bürgermeister. "Dann wird es Zeit!", antwortet Seyolo. So beginnt Julien Rambaldis Integrations-Komödie "Ein Dorf sieht schwarz", die im Jahr 1975 spielt und sich tatsächlich so (oder jedenfalls so ähnlich) ereignet hat.
Die Geschichte des algerischen Kleinkriminellen Akim (Medi Sadoun) dagegen, der ebenfalls in Frankreich bleiben will, sich aber einen afghanischen Pass geklaut hat und nun nach Kabul abgeschoben werden soll, spielt im Hier und Jetzt und ist ohne reales Vorbild. Der Regisseur Philippe de Chauveron treibt das Geschehen dann auch lustvoll hinein in eine Brachialklamotte, in der Akim, der Abzuschiebende, und der Polizist José (Ary Abittan), sein von den Behörden verpflichteter Abschieber, zuerst durch Dick und Dünn müssen und sich am Ende näherkommen.
Dass in Deutschland gleichzeitig zwei französische Komödien zum Thema Integration starten, ist kein unwahrscheinlicher Zufall, sondern so etwas wie der Kulminationspunkt eines Trends. Das Kino des Nachbarlands versucht sich seit einiger Zeit als Integrationsmaschine, lässt die Kulturen, Klassen, Religionen, Nationalitäten, Milieus und Hautfarben aufeinanderprallen und löst die Probleme in gut gelaunten und erfolgreichen Wir-schaffen-das-Filmen. Und diese Filme, von "Willkommen bei den Sch'tis" (2008) über "Ziemlich beste Freunde" (2011) bis hin zu "Monsieur Claude und seine Töchter" (2014), reüssieren auch bei uns, treffen also auch hier einen Nerv und reaktionsbereite Zwerchfelle. Dass das Zusammenleben in der Realität auch Probleme aufwirft, die nicht ohne weiteres gelöst werden können, wissen die Zuschauer natürlich, sie schauen schließlich Nachrichten. Aber im Kino darf und soll es halt auch mal gutgehen.
Bis zur Selbstverleugnung integrationswillig
Für Seyolo in "Ein Dorf sieht schwarz" geht es letztlich deshalb gut, weil er bis zur Selbstverleugnung integrationswillig ist. "Wir müssen uns anstrengen, damit sie uns mögen lernen", predigt er seiner Frau Anne (Aissa Maiga) und seinen beiden Kindern. Als die Patienten trotzdem ausbleiben, geht Seyolo in die Kneipe und spendiert den Dörflern Runde um Runde. Sogar zu Hause soll jetzt nur noch Französisch gesprochen werden. Kurz gesagt: Seyolo tut alles im Sinne jener Integrationsleistung, die bei uns etwa die CSU verlangt. Und das wäre noch peinlicher, wenn nicht wenigstens die mit hochhackigen Schuhen an Kühen vorbeischreitende Anne so angepisst wäre von der grautrüben Provinz und ihren dumpfen Bewohnern.
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