Jetzt hat das Schauspielhaus einen weiteren Coup in Sachen aktive Bürgerschaft und Demos gelandet und Workshops zum Bau von Straßenbarrikaden veranstaltet – mitfinanziert von Ihren Steuergeldern, liebe Leserinnen und Leser. Ja, haut's den Papagenos und Antigones jetzt völlig die Gurken aus dem Glas? Hoffentlich! Mit Tilly Gifford (32) und Katherine Ball (32) hat sich das Schauspiel Stuttgart zwei junge Aktivistinnen ins Haus geholt, die die Stuttgarter Demokultur auf ein neues Level hieven wollen. Gifford wurde 2009 schlagartig in Großbritannien berühmt, als ihr die Polizei in ihrer Heimat Schottland Geld anbot, um befreundete Klima-AktivistInnen <link https: www.theguardian.com uk apr strathclyde-police-plane-stupid-recruit-spy external-link-new-window>auszuspionieren. Sie ging an die Presse. Die Geschichte ging viral.
Auch Ball gehört zum international agierenden und renommierten Künstler- und AktivistInnen-Kollektiv "Tools for Action" um den Niederländer Artúr van Balen. Sie ist aus den USA angereist, um gemeinsam mit interessierten StuttgarterInnen ihren neusten Streich zu basteln: die "Barrikade des 21. Jahrhunderts". Eine Woche lang haben sie im Foyer des Schauspielhauses riesige, aufblasbare "Cobblestones", also Pflastersteine geklebt, die bei nächster Gelegenheit auf Stuttgarts Straßen zum Einsatz kommen sollen. Obendrauf gab's Barrikaden-Training: Eine Mischung aus Demo- und Straßenballett, bei dem der Ernstfall mit Codes für verschiedene Formationen geprobt wird. "Tomatooooe", schreit Tilly Gifford und lacht. Dann werfen alle die silbernen Riesenwürfel in die Luft.
Wenn Barrikaden glitzern
Bereits im Juni 2016 gab's diese Aktion in Dortmund. Dort haben "Tools for Action" mit den BürgerInnen und dem Schauspiel der Stadt an die 100 spiegelnde Pflastersteine gebastelt und damit spielerisch Barrikaden für eine Demo von rund 1000 Neonazis gebaut. Dass die Actiontools aus Spiegelfolie sind, hat einen programmatischen Grund: "Wir halten der Gesellschaft damit einen Spiegel vor", erklärt Gifford. Auch die Polizei schien mit der aufblasbaren Intervention von StudentInnen, LehrerInnen, AktivistInnen und MitarbeiterInnen des Theater Dortmunds völlig überfordert. Statt brennenden Metall- und Holzbarrikaden trafen sie auf weiche, riesige Luftballons. In Netzvideos sieht man, wie die Beamten in surrealen Szenen mit Knüppeln auf die nachgiebigen Ballons einschlagen, auf denen sich ihr eigenes Bild widerspiegelt.
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Karl Marx
am 21.10.2016