15 von 34 Spieltagen in der Fußball Bundesliga sind absolviert, und der VfB Stuttgart hat 21 Punkte, ist bestes Auswärtsteam, stellt regelmäßig den Rookie des Monats, spielt die Gegner her, dass es eine Freude ist – verwundert reibt man sich die Augen und überlegt, wie so etwas sein kann. Auch im persönlichen Umfeld herrscht eitel Sonnenschein, bis ins entfernte Island freuen sich die Freunde und kabeln Begriffe durch wie "sexiest team alive". Nur dunkel erinnert man sich an die eigenen, apokalyptischen Prognosen zu Saisonbeginn.
Freilich wäre der VfB nicht der VfB, wenn das positive Spektakel auf dem Platz nicht auch einen dunklen Gegenpol auf der Teppichetage hätte. Viel diskutiert und bewertet wurde der plötzliche Angriff des angestellten Vorstandsvorsitzenden der VfB Stuttgart AG auf den gewählten Präsidenten des VfB Stuttgart e.V. in Form eines öffentlichen Briefes voller Anschuldigungen und Wut, im Gewand einer echten Vernichtungskampagne, wie man sie aus der Politik kennt. Was kein Wunder ist, denn die Personen, die Thomas Hitzlsperger in dieser Sache beraten (euphemistisch) oder überredet (wahrscheinlich) haben, die kennen sich bestens damit aus. Den unliebsamen Gegner derart mit Dreck bewerfen, dass er sich zurückzieht, den Schwanz einzieht, nicht bereit ist, sich, seine Familie und seine berufliche Existenz mit hineinziehen zu lassen in eine derartige Schlammschlacht. Also Rücktritt, Kapitulation des persönlichen Friedens willen. So der Plan. Aber dieser Plan schlug fehl.
Claus Vogt zieht den Schwanz nicht ein. Als gewählter Präsident des VfB Stuttgart ist er dem Votum der über 70.000 Mitglieder des Vereins verpflichtet, nicht dem nach oben oder unten zeigenden Daumen eines angestellten AG-Vorstands. Nach allem, was zu hören und zu lesen ist, wird Claus Vogt notfalls auch gegen den selbsternannten Gegenkandidaten Hitzlsperger bei der Mitgliederversammlung am 18. März (so sie denn stattfindet) als amtierender Präsident antreten, so ihn die zuständigen Gremien dafür nominieren. Und warum sollten sie nicht? Noch vor 18 Monaten erfüllte Vogt offenbar alle Anforderungen für das Amt, jahrzehntelange unternehmerische Erfahrung inbegriffen.
Und wie geht es jetzt weiter beim schwäbischen FC Hollywood, wie löst man diese Intrige, die in ihren Ausmaßen selbst beim großen Dauermeister FC Bayern München unvorstellbar wäre. Oder bei Borussia Dortmund, stellen Sie sich vor, Geschäftsführer Aki Watzke hätte einen solchen offenen Hassbrief wider Präsident Reinhard Rauball geschrieben? Nicht mal auf Schalke unter Tönnies wäre so etwas möglich gewesen, selbst beim Hamburger SV unter Vorstand Bernd Hoffmann gab es nichts Vergleichbares. Und da lag jede Menge schmutziger Wäsche an. Also, wie weiter jetzt, quo vadis VfB?
Wie wär's denn mit einer Entschuldigung von "Hitz"?
Thomas Hitzlsperger könnte seine öffentlichen Anschuldigungen belegen. Wenn er das könnte. Einfacher wäre es freilich, sich öffentlich zu entschuldigen beim Präsidenten. Und wenn ich meine Glaskugel auf besagten Präsidenten richte, sie also quasi in Clauskugel umbenenne, dann sehe ich..., dann sehe ich die Möglichkeit, dass eine Entschuldigung auch angenommen wird. Wenn sie denn ehrlich ist. Das wäre doch was!
Gleichzeitig könnte die Rechtsanwaltskanzlei, die derzeit im Auftrag des Vereinsbeirat prüft, ob der "Hitz" überhaupt die Anforderungen an das Präsidentenamt erfüllt, zu dem Ergebnis kommen, dass dem jungen Mann noch zwei, drei Jahre Erfahrung im gehobenen Management fehlen. Kandidatur also unmöglich, "Hitz" entschuldigt sich und bleibt Vorstand, die Zusammenarbeit mit dem Präsidenten ist konstruktiv, auf öffentliche Liebesbekundungen der beiden können wir getrost verzichten.
1 Kommentar verfügbar
Wolfgang Jaworek
am 13.01.2021