Die gemeinnützige Organisation "Hateaid", die sich für Menschenrechte im digitalen Raum einsetzt, hat den Shitstorm analysiert.
Das fand ich toll. "Hateaid" nimmt an, dass in der Klimagerechtigkeitsbewegung immer mehr Leute mundtot gemacht werden sollen. Denn Mobilität ist für viele mit Auto verbunden, und das hat viel mit Lifestyle zu tun, mit Dingen, mit denen man sich identifiziert: erster Job, erstes Auto, dann kommt das Eigenheim. Ich kann mir gut vorstellen, dass das gut ins rechte Narrativ passt: Die wollen uns was wegnehmen. Das Eigenheim und das Auto sind Heilige Kühe der deutschen Lebensweise. Und sie sehen nicht den Gewinn und die Privilegien, die im Auto stecken. Da müssen Sie nur hier vor die Tür schauen: alles vollgeparkt mit Fahrzeugen, besser gesagt Stehzeugen, die den städtischen Raum versperren.
Autofreie Mobilität für alle ist ja auch ein gewagtes Projekt. Jede:r sollte ein Recht auf ein Leben ohne eigenes Auto haben: Was meinen Sie damit?
Ich nehme die Perspektive von Menschen ein, die am wenigsten gehört werden. Das sind 13 Millionen Erwachsene in Deutschland, die keinen Führerschein haben, eine Riesenzahl. Und 13 Millionen Kinder, auch ohne Führerschein. 26 Millionen Menschen, die nicht selbstbestimmt mit dem Auto unterwegs sind. Ich habe in den Interviews zu meinem Buch "Autokorrektur" gelernt, es müssen Alternativen zum Auto her und die müssen barrierefrei, sicher und bezahlbar sein. Und dann kommt erst klimagerecht. Wenn ich mich in einem Verkehrsmittel nicht sicher fühle, dann ist mir klimagerecht ein bisschen egal. Deshalb denke ich Mobilitätswende feministisch.
Okay, aber für Frauen bedeutet ein eigenes Auto auch Unabhängigkeit.
Aber warum redet dann keiner mit ihnen? Das finde ich paternalistisch. Es wird nur über Frauen geredet, nicht mit ihnen. Willst du wirklich mit dem Auto fahren oder hättest du gerne sichere Radwege, dass deine Kinder ab einem gewissen Alter auch sicher fahren können und dein Elternkalender entlastet wird? Es geht doch immer über die Köpfe der Betroffenen hinweg.
Warum sind Frauen mehr betroffen von einer aufs Auto konzentrierten Städte- und Verkehrsplanung?
Die weibliche Mobilität hat Ketten, während die männliche Erwerbsmobilität zur Arbeit und wieder zurückführt. Man nennt das Stichverkehr. Diese weiblichen Wegeketten brauchen gute Fußwege, gute Radwege, sichere Verkehrsmittel. Vieles an der Verkehrswende wird technisch betrachtet, wie das autonome Fahren. Männer fahren auf diese Techniken ab und ich verstehe das auch, denn was wir jetzt tun müssen, ist unsexy. Das heißt Flächengerechtigkeit und die Schwächsten nach vorne stellen. Das bedeutet, wir bieten den Kindern, den Alten, den Langsamen einen Raum, und das ist nicht technisch zu lösen. In der Mobilität sehen wir gespiegelt, welche Probleme unsere Gesellschaft hat.
Es fällt auf, dass es im Bereich der Veränderung Frauen sind, die sich engagieren: Luisa Neubauer, Greta Thunberg oder Carola Rackete. Sie werden als Suffragetten der Mobiliätswende bezeichnet.
Wir Frauen haben mehr zu gewinnen, die Männer mehr zu verlieren. Wenn wir wirkliche Gleichberechtigung herstellen, müssen Privilegien geteilt werden. Ich habe ja viele Titel, Autohasserin ist einer davon. Aber Suffragette der Mobilitätswende stammt von einem befreundeten Illustrator und damit kann ich gut leben. Ich bin eine Suffragette, die versucht, ihre Privilegien als weiße gesunde Frau zu nutzen. Es kann keinen unfeministischen Klimagerechtigkeitspfad geben. Ich fand einen Satz aus Feminist City ...
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Der Suffragetter
am 17.09.2023