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Mobilitätsplan Stuttgart

Ohne Verkehrswende geht es nicht

Mobilitätsplan Stuttgart: Ohne Verkehrswende geht es nicht
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Als eine von fünf Modellkommunen des Landes wollte Stuttgart bis Ende des Jahres einen Klimamobilitätsplan erstellen. Der kommt nun später, dafür will Stuttgart bis 2035 klimaneutral sein. Ein Verwirrspiel.

"Wir stehen kurz vor Abschluss", antwortet die Pressestelle der Stadt Stuttgart auf die Frage, was denn aus dem Klimamobilitätsplan geworden sei. "Aus fachlicher Sicht sind wir schon recht weit." Stuttgart, immer gern leuchtendes Vorbild, wollte als eine von fünf Modellkommunen im Land bis Ende des Jahres einen solchen Plan erstellen. "Wir sind gerade noch in den finalen Abstimmungen mit dem Verkehrsministerium und unserem Gutachter", so die Pressesprecherin weiter. "Wir halten weiterhin am Ziel fest, die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich um 40 Prozent zu reduzieren." Und auf Nachfrage, wann es denn soweit sei: "Wird Januar 2023 werden."

Ein Monat später ist kein Beinbruch, solange das Landes-Verkehrsministerium mitspielt, das einen Großteil der Kosten übernimmt. Einigermaßen verwirrend wird es indes, wenn man versucht, die Vorgaben mit den Klimazielen der EU in Übereinstimmung zu bringen.

Ausgabe 572, 16.03.2022

Mit dem Mentimeter

Von Dietrich Heißenbüttel

Das Verkehrsministerium des Landes hat die Weichen gestellt: Als eine von fünf Modellkommunen entwickelt Stuttgart bis Ende des Jahres ein Konzept, um bis 2030 die CO2-Emissionen im Verkehr um 40 Prozent zu senken.

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Mit der Reduktion von CO2-Emissionen um 40 Prozent ist gemeint: bis 2030 - gegenüber 2010 oder später. Die Pariser Klimaziele beziehen sich dagegen auf das Vergleichsjahr 1990, was aber beim Thema Verkehr keinen Unterschied macht, denn da sind die Emissionen von 1990 bis 2010 gleich geblieben, bis 2017 sogar um 14 Prozent gestiegen. Eine Reduktion um 40 Prozent gegenüber 2017 entspräche also nur 32 Prozent gegenüber 1990. Wichtiger ist: Die EU will die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent senken. Es besteht Einigkeit darüber, dass sich die Ziele nur erreichen lassen, wenn alle Sektoren dazu ihren Beitrag leisten. Eine Reduktion im Verkehrssektor um 40 Prozent reicht dafür nicht aus.

Inzwischen will Stuttgart sogar bis 2035 klimaneutral sein. Das ist ehrgeiziger als die EU, die das Ziel bis 2050 erreicht haben will. Das geht ohnehin nur mit allen möglichen Bilanzierungstricks, denn die großen CO2-Emittenten sind nun einmal die Industrieländer. Und klimaneutral würde bedeuten, dass nicht mehr CO2 emittiert wird, als die Vegetation wieder aufnimmt.

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper meint, um Klimaneutralität zu erreichen, müsse der Autoverkehr vom Verbrenner auf Elektroantrieb umgestellt werden. Die Studie "Mobiles Baden-Württemberg" hat dagegen bereits vor fünf Jahren nachgewiesen, dass dies nicht ausreicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Ohne Verkehrswende geht es nicht. Verkehrsminister Winfried Hermann hat das begriffen. Er will als Minimalziele eine Verdoppelung des ÖPNV und ein Drittel weniger Autoverkehr.

Statt sich mit immer ehrgeizigeren Plänen zu überbieten, wäre es besser, endlich einmal etwas zu tun. Schon wieder sind mehr als zwei Jahre vergangen, seit das Architekturbüro asp den städtebaulichen Wettbewerb "Neuer Stadtraum B14" gewann. Dessen Ziel war, den Verkehr auf der Stadtautobahn um die Hälfte zu reduzieren. Geschehen ist: nichts.


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1 Kommentar verfügbar

  • Karsten Wehrmeister
    am 02.01.2023
    Antworten
    Das Auto ist und war schon immer "des Menschen allerliebstes Kind". Ein Lieblingsspruch von mir war schon in den 80er Jahren: Deutschland braucht eine geschlossene Asphaltdecke mit Plastikwäldern darauf und wir können dann alle fahren wie wir wollen - was für ein Traum!
    Es ist inzwischen wirklich…
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