Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wie die Südwest-CDU in Land und Kommunen weiter Stimmung dagegen machen wird. Dabei würde vermutlich sogar Albert Einstein in diesem Fall den Blick zurück empfehlen: Seit inzwischen gut einem Vierteljahrhundert funktioniert in Wien die "Dienstgeberabgabe", auch "U-Bahn-Steuer" genannt, nicht nur reibungslos. Im Langzeitversuch in der österreichischen Bundeshauptstadt ist die Wirkung sogar bewiesen: Das Jahres-Ticket kostet seit Langem 365 Euro, inzwischen mehr als eine Millionen Kund:innen besitzen eines der preiswerten Angebote, 30 Prozent aller Wege werden mit Bussen oder Bahnen zurückgelegt, und in die Zukunft, in der sie leben wollen, blicken die Wiener:innen ebenso. Allein 2023 werden mehr als 700 Millionen Euro investiert, um im Verkehrssektor bis zu 75.000 Tonnen CO2 im Jahr einzusparen.
Ganz unabhängig von solchen einzelnen Varianten, die in Baden-Württemberg kopiert werden könnten, macht der Ministerpräsident höchstpersönlich keine Hoffnung auf baldige Fortschritte. Über das Landesmobilitätsgesetz soll weiterverhandelt werden zwischen Grünen und CDU. Die noch wichtigere Frage der Finanzierung von Mobilitätsgarantie und -pass entrückt regelrecht chimärenhaft in immer weitere Ferne, denn der Ministerpräsident verweist – siehe Finanzierungvorbehalt – auf den nächsten Doppelhaushalt des Landes für die Jahre 2025/2026.
Was allerdings bedeuten würde, dass die Grünen mit dem Bruch eines zentralen Versprechens in einen nächsten Wahlkampf gehen. Das lautete im Wahlprogramm von 2021, Städte, Kreise und Gemeinden "finanziell noch besser auszustatten", um eine Mobilität ohne Auto "günstig, einfach und sicher zu ermöglichen" sowie "die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Kommunen auf eigenen Wunsch einen Mobilitätspass als (Nahverkehrs-)Abgabe einführen können". Der Hinweis auf einen Finanzierungvorbehalt ist dort weit und breit nicht zu finden.
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Andreas
am 21.04.2023