So also sieht beispielsweise der heiß diskutierte Einstieg in die Verkehrsberuhigung in der Dorotheenstraße aus: Ein paar Hochbeete versperren eine Handvoll Parkplätze. Natürlich nicht dort, wo gerade in der pandemie-bedingt deutlich weniger vollen City ein Zeichen gesetzt werden könnte, nämlich direkt vor der Markthalle und als Hallo-Wach für alle, die nicht wahrhaben wollen, dass der Individualverkehr zurückgedrängt werden muss zwischen Planie und Paulinenbrücke, zwischen Theo und Hauptstätter Straße. Die Tröge stehen stattdessen vor dem Alten Waisenhaus und können, darauf legt die Verwaltung Wert, jederzeit wieder abgebaut werden.
Noch so ein griffiger Nopper-Spruch: Er will dem Stuttgarter Rössle Galopp-Tempo beibringen. Da hätte der CDUler ein breites Betätigungsfeld unter seinen zwölf ParteifreundInnen im Rat, ebenso in der FDP und bei den Freien Wähler. Denn wenn es um die Bedeutung vom heiligen Blech im Talkessel geht, ziehen zu viele in der bürgerlichen Ratsminderheit am bremsenden Zügel oder sitzen sogar verkehrt auf dem Pferd. Als die entscheidenden Beschlüsse vor bald vier (!) Jahren gefasst wurden, wusste CDU-Fraktionschef Alexander Kotz, wo sein Platz ist: an der Seite der HändlerInnen und vor allem der Markthallen-Kundschaft, auch der mit den dicken Autos, die sich nicht der von Friedrich Schiller bewachten, aber ach so engen Tiefgarage aussetzen wollen. Stuttgart ersticke an der Ideologie der autogerechten Stadt, so Linken-Stadtrat Christoph Ozasek.
Eine Megagelegenheit, zum Wohle von Stadt- und Erdkreis dagegen zu arbeiten, steht direkt vor der Türe. Grüne und CDU werden mit ihrem zweiten Koalitionsvertrag, den sie kommende Wochen vorlegen, Städten und Gemeinden die Möglichkeit eröffnen, eine Nahverkehrsabgabe zu erheben. Die heißt jetzt Mobilitätspass, die Stadt war bereits an einem Modellversuch das Landes beteiligt, der Gemeinderat hat sich immer wieder dafür ausgesprochen, bloß die Rechtgrundlage fehlte. Jetzt wird sie in Bälde vorliegen. "Eine der wesentlichsten Klimaanpassungs-Maßnahmen ist die Verkehrswende", schreiben die Stuttgarter Grünen in einem Antrag. Und weiter: "Bis zum Jahr 2030 wollen wir die Fahrgastzahlen im Öffentlichen Verkehr mindestens verdoppeln – und Lärm, Hitze, Stau in der Stadt reduzieren. Dafür müssen attraktive Angebote durch SSB und VVS geschaffen, Strecken neu geplant und Relationen verbessert werden." Hierfür brauche der seit Jahren unterfinanzierte ÖPNV eine stabile, dauerhafte und nachhaltige Finanzierung, dank Mobilitätspass.
Citymaut – lernen von Stockholm
An internationalen Beispielen fehlt es nicht. "Am weitesten vorangeschritten ist die Entwicklung autofreier Ballungszentren im Norden Europas", heißt es in einer Übersicht der EU. Für Baden-Württembergs Kommunen ist angesichts der neuen Möglichkeiten besonders spannend die in Stockholm. Sieben Monate testete Schwedens Hauptstadt nicht eine Nahverkehrsabgabe, sondern die City-Maut, also die Eintrittsgebühr für AutofahrerInnen zwischen 6.00 und 18.29 Uhr. Vorher waren 80 Prozent dagegen, nachher stimmten 53 Prozent zu. Das ist 15 Jahre her, inzwischen sind 70 Prozent der Bürgerschaft dafür und Ausnahmen für TouristInnen abgeschafft.
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chr/christiane
am 07.06.2021Hochburg der Grünen ist und bleibt Halle an der Saale III.
Wahl 2021:
CDU: 23%
Grüne: 21.2%
Linke: 17.4%
SPD: 13%
FDP: 9.1%
AfD: 9.2%
Der Stadtrat Halle hatte Ende 2020 eine "Autoarme Innenstadt" beschlossen.
500 Parkplätze sollten wegfallen--ein Ringverkehr…