Am 27. Februar 2011 diskutierten im Stuttgarter DGB-Haus mehr als 500 Teilnehmende beim "Demokratie-Kongress 21". Die vom Bürgerprojekt der AnStifter und 30 Kooperationspartnern initiierte Veranstaltung mit 35 Workshops dauerte fast zehn Stunden und mündete schließlich in einen Sektempfang und die Enthüllung eines Denkmals für den damals noch amtierenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus. Typisch Grottian: Er hatte das Denkmal bestellt und den Sekt zur Einweihung gestiftet, die er im Gewand eines Hohepriesters vornahm. Von Peter Grottian kamen auch viele Ideen für die Tagung. Mit dem Widerstand gegen Stuttgart 21 war eine breite Bürgerbewegung entstanden: gut informiert, parteiübergreifend und friedlich – zu friedlich, meinte Peter Grottian. "Puderzucker auf Protest" nannte er das und das musste operiert werden. Für diese Operationen suchte er zeitlebens Leute mit Tupfern, Masken, scharfen Messern und guten Nerven. Notfalls Knast – ich geh' voran. Das war ernst gemeint.
Da war der Demokratie-Kongress noch eine der seriöseren und gewaltfreien Nummern. Kaum eine andere Veranstaltung hatte eine derartige Breitenwirkung. Dabei ging es, so die Initiatoren, zu denen Peter Grottian und Roland Roth, Dieter Rucht, Yvonne Doderer, Barbara Happe, Fritz Mielert, Hans Christ und viele andere gehörten, um Politik und Partizipation – um ein Bündnis von kritischer Intelligenz und politischer Praxis. Nein, nicht irgendeine Politik, nicht irgendeine Praxis, sondern eine, die authentisch ist, die entlarvt, aneckt, provoziert, ansteckt, die nicht glattgebügelt wird durch Zuschüsse und Liebeleien mit den Mächtigen. Denn, so Peter Grottian: "Das Unwohlsein mit den gesellschaftlichen Verhältnissen nimmt zu, es sagt uns, dass die Menschen sich nicht mehr mitgenommen fühlen. Das macht sie zornig. Unsere Antworten überzeugen sie nicht – weder beim Thema Bankenmacht oder den Folgen der Finanzmarktkrise, weder bei der Frage von Arbeitslosigkeit, Armut oder der Gesundheitspolitik. Da ist doch überall der Wurm drin, aber ein notwendiger und scharfer Protest ist überhaupt nicht zu sehen."
Ein Utopist, der Hoffnung machte
Außerparlamentarische Initiativen mit linken Positionen oder für den Umweltschutz machten Grottian zu einer Art Hassfigur für viele konservative Politiker, Grüne und Sozialdemokraten. Mancher aus dem Kreis der weisen weißen Männer hat ihm bis zuletzt übel genommen, dass er den Mob an die Uni geholt hat, dass er sich gemein gemacht hat mit der Straße, "als Wissenschaftler und einer von uns". Ts ts ts! Doch der Professor war schon ein Provokateur, als seine Kollegen noch mit der Mao-Bibel herumalberten oder ihm als leise Stalinisten bei Gewerkschaften und sozialen Bewegungen Knüppel zwischen die Beine warfen. Noch vor zwei Monaten – schon angeschlagen – initiierte er gemeinsam mit anderen Aktivisten auf dem Campus der Freien Universität Berlin mit dem Blackrock-Tribunal eine Demonstration gegen den Finanzdienstleister, bei dem Friedrich Merz (CDU) lange im Aufsichtsrat saß. Blackrock steht unter anderem wegen seiner Rolle in der Finanzkrise ab 2007 in der Kritik.
4 Kommentare verfügbar
peter
am 04.11.2020extremist ist allerdings satirisch gemeint und nicht soziologisch: peter war wie ein extremsportler.
…