Damit agitiert der 76-Jährige zuerst vor der Villa Reitzenstein, wo er sagt, was er wirklich denkt ("Kretschmann liebt Porsche mehr als seine Bürger"), dann vor der Messehalle am Flughafen, wo er nachdenklich auf die meist jungen Menschen vom BUND blickt. Grün-kritisch sei "ganz schwierig", sagt der linke Professor, vor allem für die Vorsitzende im Saal, Brigitte Dahlbender, die sich der Illusion hingebe, "dort etwas bewirken" zu können. Er murmelt etwas von Hofnarren und Feigenblättern und Symbolpolitik. Er wäre gerne zur Pressekonferenz gegangen, hätte gerne eine Frage gestellt, doch bereits an der ersten Security-Hürde ist er gescheitert. Aber, seien wir ehrlich, das hätte auch den zeitlichen Rahmen gesprengt. Eine halbe Stunde für acht Menschen aus dem "Top-Level-Management" (Hoogvliet), das macht selbst der Regierungssprecher nicht zu einer Stunde des Gehörtwerdens.
So hat sich Grottians Bündnis, also die "Verkehrswende jetzt!", eine andere Bühne suchen müssen. Sichtlich verärgert, vielleicht auch enttäuscht, aber in "ungewöhnlich scharfer Form", wie die Autoren finden, hat es den Ministerpräsidenten in einer Pressemitteilung kritisiert. Kretschmann habe die Autoindustrie "angehündelt", sprich sich ihr zu Füßen geworfen, ihre "Betrügereien in Watte gepackt" und nicht einmal einen "Hauch von Distanz" walten lassen, den Hannah Arendt von ihm eingefordert hätte, hieß es dort. Unterzeichnet von Peter Grottian, Peter Erben (BI Neckartor), Julia von Staden (Anstifter) und Manfred Niess (Klima- und Umweltbündnis Stuttgart). Fehlt eigentlich nur noch Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe, den ebenfalls keine Einladung ereilt hat. Im Staatsministerium wird er wegen "Querulantentums" nicht geschätzt, außerdem sagt der Plochinger böse Sachen über Kretschmann, den er laut FAZ duzt und eine "Marionette der Autoindustrie" nennt.
Frau Dahlbender vom BUND soll die Bürger mitnehmen
Brigitte Dahlbender ist diplomatischer. Die Sozialdemokratin sagt, es hülfe nichts, "wenn sich die Herren heilig sprechen". Wenn sie hier im Saale und draußen vergäßen, was sie mit ihren Boliden anrichteten. Offensichtlich müssten sie noch das "Downsizing" lernen, auch angesichts der 650-PS-Protze, die in der Halle herumstehen wie Dinosaurier aus einer vergangenen Zeit. Aber elektrisch. Der Rundgang des "Top-Level-Managements" aus Politik und Wirtschaft beginnt hier. Die BUND-Vorsitzende geht nicht mit, die Bilder wären nicht gut, neben Zetsche und diesen Autos.
Sie hat ihren Stand am hinteren Hallenrand. Unter neun Themenfeldern steht sie auf Platz neun, ihre Überschrift lautet "Gesellschaft und Mobilität". Nach dem Willen der grünschwarzen Regierung soll der Strategiedialog Baden-Württemberg ja nicht nur zum ökonomisch erfolgreichen "Mobilitätsland Nr. 1" machen, sondern auch zum ökologisch nachhaltigsten. Auf diese Reise, meint der Ministerpräsident, müssten auch die Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden, weshalb Gisela Erler, die Staatsrätin für Bürgerbeteiligung, eine Aufgabe mehr hat. Bis zum Frühjahr 2019 soll sie erste Bürgerdialoge und runde Tische eingerichtet haben, unterstützt von Dahlbender und der ehemaligen Eon-Managerin Regine Stachelhaus, die als Co-Vorsitzende fungieren.
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Gerd Rathgeb
am 25.07.2018