Eigentlich sollte dort an diesem Abend das erste Konzert der Reihe "Sindelfingen rockt" steigen. Insgesamt an fünf Mittwochabenden in den Sommerferien spielt jeweils eine Tribute Band den Sindelfingern live ordentlichen Rock auf die Ohren. "Bigger Bang" waren schon zweimal da, die Band hat sich den Rolling Stones verschrieben, 2017 spielte unter anderem "Quotime" (Status Quo) und "Mothership" (Led Zeppelin), im vergangenen Jahr gabs mit den "Cosmic Banditos" ein Pink Floyd-Tribut und die "Big Balls" gaben AC/DC.
Seit 2015 gibt es die Konzertreihe. Damals umsonst und draußen von der Stadt angelegt, um den Daheimgebliebenen in den Sommerferien etwas zu bieten. Im Herzen der Stadt, wohlgemerkt, auf dem Marktplatz. Etwa 5000 Gäste kamen zu jedem Konzert. Das ist viel für eine Stadt mit 65 000 Einwohnern. "Sindelfingen rockt" gehört mittlerweile, sagen die Sindelfinger, zum Stadtleben dazu.
2017 ging der erste Beschwerdebrief bei der Stadt ein. Es sei zu laut, befanden einige wenige Marktplatzanwohner. 2018 ging der Streit in die nächste Runde. Die Stadt arbeitete mit Tontechnikern daran, die Lautstärke so zu dimmen, dass die Besucher auf ihre Kosten kommen, die Anwohner aber geschont werden, und verlegte den Konzertbeginn für diesen Sommer um eine halbe Stunde vor auf 18 Uhr. Abends um halb zehn wäre Zapfenstreich gewesen. Half aber nichts. Auch nicht die Hotelgutscheine, die die Stadt den vermeintlich Lärmgeplagten sponsern wollte, damit sie die fünf besagten Abende andernorts in Stille verbringen können. Im Gegenteil.
Eine Anwohnerin bangt um ihre körperliche Unversehrtheit
Am vergangenen Mittwoch sollten eigentlich die Phil-Collins-Genesis-Interpreten "True Collins" spielen, aber kurz vor knapp sagte die Stadt das Konzert ab. Vier Klagen waren beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingegangen, drei Immobilienbesitzer im weiteren Umkreis des Marktplatzes klagten unter anderem, dass sie durch die Konzerte in ihren Eigentumsrechten an umliegenden Immobilien beeinträchtigt seien, eine direkte Anwohnerin, weil sie durch Konzertlärm ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit unterlaufen sieht. In einer Eilentscheidung hatte das Gericht der letzteren Klage Recht gegeben und die Konzertreihe auf dem Marktplatz gekippt. Möbel Hofmeister am Stadtrand bot kurzfristig seinen Parkplatz an und so rockten die Phil Collinse an diesem Abend im Industriegebiet anstatt mitten in der Stadt.
10 Kommentare verfügbar
Dr. Diethelm Gscheidle
am 08.08.2019ich bin vollkommen fassungslos! Redliche Anwohner des Marktplatzes haben selbstverständlich ein Recht darauf, nicht mit böser Felsen"musik" zwangsbeschallt zu werden! Es kann doch nicht sein, dass unredliche Krachmacher regelmäßig in Sindelfingen eine Bühne für ihre…