Beim VfB Stuttgart sieht das für gewöhnlich so aus: In den Tagen vor der Versammlung tischt der Verein seinen Mitgliedern über die eigenen Kanäle nahezu im Stundentakt Halbwahrheiten auf, konstruiert angeblich bedrohliche Szenarien und versucht, kritische Stimmen zu verunglimpfen. Vergleichbar sind diese Aktionen mit den Wahlkampfpraktiken politischer Parteien.
Hilfe aus dem Mappus-Stall
Dafür braucht man die nötige PR-Professionalität – die Dietrich nicht hat. Dazu ist er zu impulsiv und zu dünnhäutig. Doch dafür gibt es Miriam Schimmele von der Pforzheimer CDU, seine ehemalige Mitarbeiterin bei Stuttgart 21, zuvor persönliche Referentin des ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus. Weiter zur Seite stehen dem 70-Jährigen, neben externen Dienstleistern, der VfB-Kommunikationschef Oliver Schraft, der stets etwas linkisch wirkt. Bei der Veranstaltung selbst sind dann die vorderen Reihen mit "Mitmachern" besetzt – altgedienten Vereinsmitgliedern, Abteilungsleitern, Günstlingen, die in ihrer Gesamtheit quasi als Jubelperser fungieren und schon rein zahlenmäßig verhindern, dass es bei wichtigen Abstimmungen zu unliebsamen Ergebnissen kommt.
"Unliebsam" hieße aktuell vor allem eine Abwahl des amtierenden Präsidenten. Eine solche Option war ursprünglich gar nicht vorgesehen als Tagesordnungspunkt, denn die Amtszeit des 2016 gekürten Präsidenten endet erst 2020. Aber immerhin 65 VfB-Mitglieder hatten frist- und formgerecht einen entsprechenden Antrag auf Abwahl gestellt, weswegen der Verein sich entschloss, die Anträge gebündelt als ergänzenden Punkt in die Tagesordnung mit aufzunehmen.
Da hat sich viel angesammelt, was der Opposition sauer aufgestoßen ist. Dietrichs Maultaschenessen auf dem VfB-Vereinsgelände, mit einem Menschenschlag, der dem rechten Rand als Anwalt dient. Seine Quattrex-Connection, die für seine Freunde selbstverständlich blitzsauber ist. Alles juristisch in Ordnung, wenn Dietrich senior jahrelang, auch während seiner Amtszeit, maßgebliche Anteile an einem Unternehmen hält, das über zwei Ecken Millionen von Euro aus einem Darlehen an den FC Union Berlin verdient, weil eben dieser FC Union Berlin den VfB Stuttgart im Relegationsduell besiegt, in die zweite Liga geschickt hat und selbst in die erste Liga aufgestiegen ist.
Das ist nicht blitzsauber, das ist moralisch verwerflich
Vielen VfB-Mitgliedern erscheint dieser Umstand jedoch überhaupt nicht blitzsauber, sondern moralisch verwerflich. Sie wollen ihn loswerden, weil er seit dem ersten Tag im Amt des Präsidenten die Wahrheit beugt, nur das zugibt, was offensichtlich ist. Sie wollen ihn los werden, weil er den VfB Stuttgart in die zweite Liga geführt, dabei unbotmäßig ins Tagesgeschäft eingegriffen und alle seinem Willen widersprechenden Meinungen niedergebügelt hat. Sie wollen ihn los werden, weil er behauptet, der "Präsident aller Mitglieder" sein zu wollen, aber jeden beschimpft, der nicht seiner Meinung ist.
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Jörg Krauß
am 12.07.2019