Grau ist alle Theorie, wenn es darum geht, ob die Machenschaften von Wolfgang Dietrich justiziabel sind und damit tauglich, den Mann mit formaljuristischen Argumenten aus seinen Ämtern zu entfernen. Denn eine 50 Prozent-Beteiligung an einer Firma, die mit den sportlichen Konkurrenten des VfB via Provisionen und so genannter "Advisory fees" ordentlich Geld verdient, ist eben keine direkte Beteiligung, über die Dietrich nachweisbar direkten Einfluss nehmen kann. Dazu fehlt mindestens das "plus 1" hinter dem "50" und damit das Fitzelchen, das ausreichen würde, sein Wirken mit der Satzung des Vereins unvereinbar zu machen. Außerdem hat er vieles ja, zumindest auf dem Papier, an seinen Sohn übergeben. Stinkt zwar übelst, ist aber formaljuristisch grade noch in der Grauzone.
Dass Dietrich über Ausmaß und Zeitraum seiner wie auch immer gearteten, wohl aber ganz bewusst hart verschachtelten Beteiligungen, nicht die Wahrheit gesagt hat, das ist allerdings unstrittig. Nachweislich hat er beziehungsweise haben Firmen, an denen er beteiligt ist, sehr wohl bis mindestens zum Jahresende 2017 vom sportlichen Erfolg anderer Clubs im deutschen Profifußball profitiert. Und bis heute ist kein Registereintrag bekannt, der das belegt, was Dietrich immer wieder, und immer irgendwie verklausuliert, sagt: Dass er nämlich alle entsprechenden Ämter und Beteiligungen niedergelegt und sich von ihnen getrennt habe. Wo ist der entsprechende Registereintrag zur Firma namens VMM Consulting GmbH? Der "Kicker" zitiert Dietrich hierzu wie folgt: "An der Quattrex Finance GmbH war ich zu keinem Zeitpunkt mit 50 Prozent beteiligt, sondern lediglich Minderheitsgesellschafter". Und hält fest: "Doch exakt die Hälfte an der Quattrex Finance GmbH hält die VMM Consulting GmbH – deren alleiniger Gesellschafter Wolfgang Dietrich ist." Autor Benni Hofmann hat das in der letzten Kontext-Ausgabe noch einmal deutlich gemacht.
Ist diese Aussage also eine aktive Lüge? Das, was der von Dietrich dem VfB eingebrockte ehemalige Sportvorstand Reschke als "massive Wahrheitsbeugung" bezeichnet? Oder ist auch das "nur" eine Halbwahrheit?
Dietrichs Doppelmoral: Quattrex okay, Sportwetten verboten
Wie ein roter Faden ziehen sich derlei Halbwahrheiten und Quasilügen durch die Karriere des Präsidenten, der für seine Mitarbeiter beim VfB gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen Verhaltenskodex mit Benimmregeln erließ, in dem unter anderem ein explizites Verbot von Sportwetten enthalten war. Wasser predigen und Wein trinken in Reinform.
Bereits auf der turbulenten Mitgliederversammlung 2016 hatte ich den damals noch zur Wahl stehenden Präsidentschaftskandidaten vor voller Halle vom Podium runter folgendes gefragt: "(...) Herr Dietrich, warum haben Sie sich von den restlichen Anteilen an der Quattrex Sports AG nicht auch noch getrennt, um möglichen Interessenkonflikten aus dem Weg zu gehen? (...) Mit welcher Summe sind Sie denn insgesamt als Investor über die Quattrex im deutschen Profifußball engagiert? Man hört von 35 Millionen Euro (...)." Im Oktober 2016 war das, wohlgemerkt. Und schon damals wurde auf solche Fragen lieber mit Beleidigungen reagiert als mit vernünftigen Antworten. Vor allen anderen von Dietrich selbst – aber ebenso von etlichen der damals in den vorderen Reihen platzierten Jubelperser und "Mitmacher".
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Jörg Tuss
am 08.05.2019