Seán McGinley, 65 000 Menschen gegen Rechts in Chemnitz. Großartig, oder?
Ja, das ist natürlich ein ermutigendes Zeichen. Mit der immer extremer werdenden Sprache und immer restriktiveren Forderungen auch aus der CSU, der Kriminalisierung der Seenotrettung, dem zunehmenden Sterben im Mittelmeer und den Nazi-Mobilisierungen in Chemnitz ist für viele der Punkt erreicht, dass sie das Gefühl haben, nicht mehr tatenlos zusehen zu können. Es ist zwar traurig, dass es so extreme Entwicklungen gebraucht hat, um den Protest herzubringen, aber immerhin zeigt es, dass die Gesellschaft nicht völlig abgestumpft und nach rechts gerückt ist. Und dass die Leute, die mit Flüchtlingen solidarisch sind, nicht resigniert haben.
Haben Sie erwartet, dass nach dem Mord so viele Neonazis auf die Straße gehen?
Ja, schon. In vergleichbaren Fällen, wie in Kandel, gab es eine ähnliche Mobilisierung.
Aber nicht in diesem Ausmaß. Der sächsische Flüchtlingsrat hat deswegen sein Sommerfest abgesagt. War das richtig?
Schwierige Frage. Wenn ich in der Situation wäre, hätte ich möglicherweise auch abgesagt. Klar kannst du sagen, wir müssen das trotzdem machen, um ein Zeichen zu setzen. Aber ist es noch die richtige Entscheidung, wenn Leute dann auf dem Heimweg zusammengeschlagen werden oder jemand zu Tode kommt? So wie es gerade in Chemnitz abläuft, kann man das nicht ausschließen. Man kann dem Flüchtlingsrat Sachsen keinen Vorwurf machen. Ein Vorwurf muss an den Staat gehen und an die Polizei, die die Sicherheit der Leute vor rassistischen Übergriffen nicht garantieren kann.
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Ingrid Bohsung
am 05.09.2018