Im Mai 2014 betonte Eva Högl, die Obfrau der SPD im ehemaligen NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags, dass sie nicht mehr daran glaube, dass Kiesewetter zufällig Opfer der Rechtsterroristen geworden ist. Dies hatte das Gremium noch in seinem Abschlussbericht im August 2013 angenommen. Högl betonte, durch neue Erkenntnisse gingen sie und ihre Kollegen im ehemaligen NSU-Untersuchungsausschuss davon aus, dass Kiesewetter gezielt ermordet worden sei.
Der Polizeibeamte H. gehörte dem EWK KKK als Vollmitglied von Dezember 2001 bis Sommer 2002 an. Geworben wurde H. von seinem Kollegen Jörg W., der ebenfalls bei der Böblinger Dienststelle tätig gewesen war, allerdings zu einem früheren Zeitpunkt. W. selbst wurde von dem Polizeibeamten Jörg B. geworben. Dessen Bruder Steffen (Jahrgang 1976) war neben Schmid Gründungsmitglied des EWK KKK. Einem internen Schreiben des baden-württembergischen Landesamts für Verfassungsschutz an das baden-württembergische Landeskriminalamt vom 9. März 2012 ist zu entnehmen, dass Steffen B. im Zeitraum von Juni 1997 bis Oktober 2002 an Treffen und Konzerten der Skinheadszene teilnahm.
Bei Vernehmungen durch die Bundesanwaltschaft hatten die Polizisten ausgesagt, dass sie nicht gewusst hätten, dass der Klan eine rassistische Organisation sei. "Beide waren nicht doof genug, dass denen entgangen ist, dass der Ku-Klux-Klan eine rassistische Vereinigung ist", führte dagegen der zwischenzeitlich in den USA ansässige Schmid in einem ZDF-Interview im Oktober aus.
Kapuzenmänner rühmten sich im Internet
Beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses der Klan-Jünger, wonach die "Blutslinie zu Gott ... nicht durch Vermischung gebrochen werden darf", scheinen sie taub gewesen zu sein. "Ich frage mich, wie viel Dummheit oder Weltfremdheit in einem Polizeibeamten stecken darf, ohne dass er aus dem Dienst entfernt wird", kommentierte André Schulz, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, die offenkundige Schutzbehauptung. Die Kapuzenmänner der EWK KKK waren jedenfalls sichtlich stolz, dass unter ihnen auch Vertreter der Staatsmacht waren. "Bei uns sind keine Verlierer und Versager, wir haben Mitglieder ... vom Maurer bis zum Polizisten", gaben sie im Internet kund.
Trotz ihrer Klan-Mitgliedschaft blieben die Polizisten im Dienst. Sie wurden lediglich 2005 beamtenrechtlich mit Rügen bedacht. Die Affäre um die Klan-Polizisten wurde durch Opferumfeldermittlungen im Fall Kiesewetter bekannt.
Noch während Schmid als V-Mann zugange war, nahmen ihn sächsische Verfassungsschützer ins Visier. Sie schrieben den Klan-Führer am 7. März 2000 auf eine Liste mit den Namen von weiteren 22 Personen. Diese Personen, davon gingen die Verfassungsschützer aus, unterhielten Kontakte zu NSU-Unterstützern und dem Kerntrio. Schmid hatte seit den 90er-Jahren Kontakte zu Chemnitzer Neonazis, die man beschattete, um das Kerntrio aufzuspüren.
Die Klan-Tätigkeit von Schmid war in der Neonaziszene nur bedingt bekannt. Hinreichend bekannt und beliebt war Schmid dagegen als "Liedermacher Achim" und Solist "Wolfsrudel" sowie als Sänger der Neonazi-Bands beziehungsweise Musikprojekte "Celtic Moon" und "Höllenhunde". Im Lied "Zerschlagt die Zecken" der CD "Süddeutschland – Dein Land braucht Dich" (1998) der Höllenhunde heißt es: "In unseren Adern fließt das deutsche Blut. Wir werden aufrecht stehn mit unserem Heldenmut. ... Sharp-Skins, Punks und Anarchisten, RAF und Kommunisten, stecken alle unter einer Decke. Da gibt's nur eins: Zerschlagt die Zecken." Bei Celtic Moon grölte Schmid auf Englisch: "Arische Krieger der weißen Rasse, befreit eure Länder!", die "Knarre schon geladen". Ende der 90er-Jahre war Schmid einer der bekanntesten Neonazi-Musiker.
Erstes Neonazi-Netzradio ging auf Sendung
Aufgrund seiner bundesweiten Aktivitäten war Schmid auch ins Visier des BfV geraten. Die Verfassungsschützer stuften Schmid als einen von acht bundesweit gezählten rechtsextremen Liedermachern ein. Zeit fand Schmid in jenen Jahren auch für eines der ersten Neonazi-Internetradios unter dem bezeichnenden Namen "whitepowerradio.de". Die Domain war auf seine Privatanschrift in Schwäbisch Hall registriert.
Unbekannt ist bis heute, was im Sommer 2002 den Stuttgarter Verfassungsschützer Thorsten D. veranlasst hat, den Klan-Führer Schmid unter konspirativen Umständen in einem englischsprachigen Chatroom darauf hinzuweisen, dass dieser von Abhörmaßnahmen des BfV betroffen sei und sich ein "Verräter" in den Reihen des Klans tummeln solle. Im September 2002 erhielt das baden-württembergische LfV vom BfV Hinweise, dass ein Mitarbeiter Schmid mit vertraulichen Informationen versorge. Im Dezember 2002 wurde Thorsten D. als Quelle ermittelt.
Aktiv waren die Klan-Aktivisten auf Bundesebene bis in das Jahr 2003 hinein; in Baden-Württemberg endeten die Aktivitäten mit dem Ausschluss von Schmid aus dem Klan Ende 2002. Schmid wurde aufgrund von Verfehlungen aus dem EWK KKK entlassen.
3 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 20.11.2014„In Deutschland werden rechtsextreme Einstellungen, laut Studie, immer noch verharmlost.
Middelhoff bleibt in Untersuchungshaft.“ – Ende der wörtlichen Wiedergabe.
Einen schönen Donnerstag der KONTEXT-Redaktion,
einen schönen…