Ein Interview in der Kirche? Wo Twitter und Instagram derzeit die zweite Heimat der Daheimbleibenden sind, führt Corona einen auch an Orte, die so mancher nur selten von innen sieht. So landete Kontext-Chefin Susanne Stiefel für ihr Gespräch mit Wetterfrosch Sven Plöger, in Ermangelung von bewirteten Sitzmöglichkeiten und in vorsorglicher Vermeidung kleiner geschlossener Räume – auf einer Kirchenbank. In Ulm, im Gotteshaus St. Georg. Not macht eben erfinderisch.
Auch andere Kontext-Affine wie die Schriftstellerin und Kontext-Autorin Jagoda Marinić und Monika Hauser von Medica Mondiale (MM) gehen neue Wege. Die Organisation, die sich seit vielen Jahren weltweit für Frauen einsetzt, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, erweitert ihr Programm. Es sind, jawohl, mehrheitlich Frauen, die durch diese Krise tragen. Für sie veranstalten Marinić und Hauser, unter dem Titel "Frauenrechte schützen – Heldinnen unterstützen", jeweils um 21 Uhr Benefiz-Events bei Twitter und Instagram. Am heutigen Mittwoch, 15. April, liest Marinić aus ihrem Buch "Sheroes", am Freitag, 17. April, gibt’s einen Benefiz-Talk zu "Frauenrechten in Krisenzeiten" mit Monika Hauser, der Gründerin von Medica Mondiale. Wer dabei sein will: @jagodamarinic. Wir sagen mit MM: #coronasheroes #feministsolidarity #womensrights! Und finden diese Aktion klasse.
Aber zurück zur aktuellen Kontext-Ausgabe. In diesen Notzeiten zeige sich auch, wer wes Geistes Kind ist, schreibt der Ökonom Heiner Flassbeck. Und zielt damit auf den Umgang der sogenannten "starken" mit den so genannten "schwachen" Ländern der EU. Erstere vergessen nur allzu oft, dass sie nur deshalb stark sind, weil sie von den schwächeren profitieren.
Notzeiten bringen ans Licht, was gut klappt und was eben nicht. Beim Thema Schule beispielsweise, denn beim Home-Schooling funktionieren vor allem die Lehrmethoden, die an Gemeinschaftsschulen angewendet werden, besonders gut. Zum Leidwesen derer, die sich seit Jahren vehement gegen diese Schulform wehren.
Bei all der Virerei, die dauernd über einen hereinbricht, haben wir auch einmal geschaut, was eigentlich aus den beiden Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße geworden ist, die vor zwei Jahren als Zeichen gegen Wohnungsnot und drastisch steigende Mieten besetzt wurden. Nix wurde draus. Sie stehen noch immer leer. Und sind verriegelt und verrammelt. Und die Mietendemos, die Ende März bundesweit geplant waren, sind ausgesetzt.
Da zeigt sich, wie verdammt wichtig und verdammt ernst zu nehmen das Recht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ist. Denn wo kein sichtbarer Aufschrei mehr möglich ist, kann nur noch eingeschränkt Öffentlichkeit hergestellt werden. Dabei ist die Forderung nach Wohnen als Grundrecht in Zeiten des Daheimbleiben-Müssens wichtiger denn je. Wer keine Wohnung hat, ist gefährdet wie nie zuvor. Nachzulesen in der Reportage über Obdachlose, die in Cannstatt Hilfe suchen.
Auch die OstermarschiererInnen, die normalerweise jedes Jahr für Frieden demonstrieren, wurden im Corona-Jahr 2020 komplett ausgebremst. Und haben ihre Fahnen kurzerhand an Balkone, Fenster oder an den Himmel gehängt. Und Jürgen Grässlin, der nimmermüde Abrüstungs-Aktivist, verliest seine jährliche Rede einfach ins Virtuelle. Vor der heimischen Palme.
Da stellt sich die Frage, was eigentlich einer tut, dem plötzlich das Internet ausfällt? Der telefoniert tagein, tagaus mit der Vodafone-Hotline. Sagen Sie "Kabel". "Kabel." Okay, Kabel. Sagen Sie "Internetstörung" ...
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