Die Videoaktion des Schauspielers Volker Bruch habe ich unterstützt, weil sie etwas ganz Normales gefordert hat: mehr Transparenz und einen Runden Tisch von unabhängigen Wissenschaftlern, die dem Grundprinzip ihrer Profession folgen – der Diversität. Der Motor von Wissenschaft ist der Widerspruch. Die sogenannten Leitmedien haben sich angemaßt, dieses Grundprinzip zu missachten.
Bei den Corona-Kritikern und Querdenkern treffen Sie auch auf Antisemiten, Holocaustverharmloser, Esoteriker, Alu-Hüte, Reichsbürger …
Ich weiß natürlich, dass es sie gibt. Muss ich mich jedoch erst von ihnen distanzieren, um etwas öffentlich sagen zu dürfen? Soll ich mir jetzt vorschreiben lassen, wo ich mich äußere? Diskreditiert es diese Videoaktion, wenn ein paar Leute dabei sind, deren Ansichten ich nicht teile? Soll ich mich von ihr distanzieren, nur um nicht ins Fadenkreuz der Moralisten zu geraten, die ihre eigenen Bewertungen zum Maßstab aller Dinge machen? Ich werde das sicherlich auch künftig nicht tun. Ein unbeschädigtes Rückgrat ist mir wichtiger.
Der Publizist Jakob Augstein hat bereits zu Beginn der Pandemie vor einer Hysterie gewarnt, in der Politik und Medien als "Brandbeschleuniger" wirkten. Die Basis dafür sei die kollektive Angst, die angebliche Alternativlosigkeit, das zwingende Zusammenrücken, auch "Groupthink" genannt.
Ich möchte es vornehmer formulieren und von einer Mainstream-Meinung sprechen, die staatstragend daherkommt und Allgemeingültigkeit beansprucht. Das finden Sie bei den oben genannten Zeitungen, beim "Spiegel" und der "Zeit", beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und insbesondere bei dessen Talkshows.
Bei allen sind Sie zu Wort gekommen. Beim "Heute Journal" im ZDF durften Sie das ganze Chaos mehr als sechs Minuten lang kritisieren: den Sinn und Unsinn von geschlossenen Schulen, von Ausgangssperren, von wahllosen Tests, die weder Berufsgruppen noch prekäre Wohnverhältnisse identifizierten.
Außenseiter sind immer willkommen, solange sie den Konsens der Mehrheit nicht gefährden. Aber richtig ist auch, dass die Corona-Linie der deutschen Medien nicht einheitlich war. Springer mit seiner "Welt"-Gruppe hat sich mit seiner Kritik deutlich abgehoben, der "Focus" und "Cicero" ebenfalls, und am stärksten die "Berliner Zeitung". Alle haben immer wieder um Gespräche nachgesucht. Beim Rundfunk vor allem der "Deutschlandfunk".
Auf die Erklärung sind wir gespannt. Sie bezeichnen sich selbst als Spät-68er.
Zumindest die fachliche Kompetenz dürfte mir nicht abzusprechen sein. Wenn Sie eingangs richtig zitiert haben, nennt mich selbst die "Süddeutsche" einen "Vorreiter der evidenzbasierten Medizin". Das bedeutet, dass empirische Belege und Logik als unverzichtbare Grundlage zu fordern sind. In politischen Kategorien, rechts und links, ist das nicht zu fassen. Gemeinsam ist den Verlagen allen, dass sie auf dem ökonomischen Bein humpeln. Das mindert den Mut zum Risiko, zum Ausscheren aus der Herde, und verstärkt den Anpassungsdruck. Die Ausnahmen sind oben genannt.
Die Presse nimmt für sich in Anspruch, die Vierte Gewalt zu sein, also staatliches Handeln zu kontrollieren.
Davon habe ich fast nichts gespürt. Eher ein alarmistisches Begleitorchester. Wenn es Unterschiede gab, dann scheinen sie mir personeller Natur zu sein. Einzelne Journalistinnen und Journalisten widerstehen dem Herdentrieb. Einer wie Michael Maier von der "Berliner Zeitung" hat viele Jahre für skandinavische Unternehmen gearbeitet und von dort einen offeneren Blick mitgebracht. Wieder andere, wie der ZDF-Journalist Dirk Jacobs, stellen der eigenen Zunft ein miserables Zeugnis aus. Sein Fazit: Fehler über Fehler und null Selbstkritik. Mein Fazit: ein großer Kollateralschaden der Pandemie – das Medienversagen.
Jüngst hat das Robert-Koch-Institut in seiner "Stoppt Covid"-Studie bilanziert, die Pandemie wirksam bekämpft zu haben. Maskenpflicht, Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen seien erfolgreich gewesen, manche Maßnahmen hätten sogar gewirkt, bevor sie in Kraft getreten seien.
Wie man dieses Resümee nach drei Jahren Blindflug ziehen kann, ist mir schleierhaft. Ohne einen Generalplan, ohne systematisch erhobene Daten, dafür mit dramatisch falschen Zahlen, mit denen die Bevölkerung nur verrückt gemacht wurde. Bei den geschätzten Infektionszahlen sind uns Dunkelziffern präsentiert worden, die, je nach Experte, bis zum zehnfachen variiert haben. Und dabei haben wir die "Nationale Kohorte" (NAKO), die 200.000 Menschen in einer Gesundheitsstudie seit 2014 versammelt, regelmäßig befragt und medizinisch untersucht, finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Sie wäre ein ideales Instrument gewesen, um relevante Kriterien wie Alter, Beruf und Sozialstatus zusammenzutragen und das Problem der Dunkelziffer zu lösen. Es heißt, die NAKO-Träger wollten ihre Daten nicht zur Verfügung stellen.
16 Kommentare verfügbar
Sabine Sabranski
am 29.08.2023Gerd Antes gibt ein verquastes Statement ab, dass nichts anderes als Querdenken auf hohem Niveau ist. Sie hätten auch Ulrike Guérot befragen können, es wäre das Gleiche heraus gekommen.
MfG, Sabine Sabranski