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Long Covid

Säckeweise Geduld

Long Covid: Säckeweise Geduld
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Jahre gibt es, die gibt's gar nicht. Vor ein paar Monaten hätte sich unsere Autorin nicht träumen lassen, dass sie ein Virus mal derart beuteln, ihren Körper kapern und seine Funktionen durcheinander bringen könnte. Nun leidet sie an Long Covid.

Bis heute ist mir ein Rätsel, was Corona mit meinem Körper angestellt hat. Und damit bin ich nicht allein. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Beschwerden mit der Zeit nachlassen, allerdings dauert es und man braucht säckeweise Geduld. Auch einige medizinische Erkenntnisse gibt es, allerdings eher mit dem Charakter von Näherungswerten. Im Prinzip ist nur eines gewiss: dass nichts gewiss ist. Auch nach drei Jahren Corona eiern alle herum, Patient:innen, Mediziner:innen, Wissenschaftler:innen, und das Heer der Long-Covid-Kranken wird immer größer.

Trotzdem war nicht alles schlecht an diesem Jahr. Ich habe mehr über meinen Körper erfahren, als in den 63 Jahren davor. Ich probiere aus, was mir gut tut.

Die Long-Covid-Selbsthilfegruppe, die ich besuche, ist ein großes Versuchslabor, in dem Erfahrungen austauscht werden, gemeinsam rumprobiert wird, am lebenden Subjekt getestet, was helfen könnte oder auch nur Linderung verspricht. Der Whatsapp-Thread dazu ist etwa 20 Kilometer lang. Bei den Treffen geht es um Fatigue und Gelenkschmerzen, um Brainfog und unerklärliche innere Unruhe. Es geht um Mitochondrien und Vagus-Nerven, um Höhentherapie, Kältekammer, Hyperthermie-Behandlung, Akupunktur, um Coenzyme und die wunderbare Welt der Vitamine. Um Reha-Maßnahmen, die ins Leere laufen, weil die Therapie nicht an die Besonderheiten des Krankheitsbildes angepasst ist.

Ausgabe 581, 18.05.2022

Ein Ufo in mir

Von Guntrun Müller-Enßlin

Aus dem "netten Omikron" wird Long Covid. Und eine Odyssee durch eine Medizin, die unfähig, rat- und hilflos ist. Guntrun Müller-Enßlin, Theologin, Autorin und Stadträtin in Stuttgart, schreibt über eine Zäsur im Leben, die sich anfühlt, als würde es nie mehr wie es einmal war.

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Oft geht es auch um Ärzt:innen, die im Dunkeln tappen – um die angenehmen, die zugeben, dass sie im Dunkeln tappen, und die unangenehmen, die das nicht tun und einen in eine Schublade oder (nicht selten) auch in die Psycho-Ecke stecken. Rein psychosomatischer Natur sei das, was einen plagt, die sekundäre Folge einer Corona-Erkrankung. "Na, besten Dank auch!", möchte ich ihnen zurufen. "Ihr tätet gut daran, uns zuzuhören und ernst zu nehmen, mit dem Willen, von uns zu lernen. Wer, wenn nicht wir, die noch nicht wieder Gesunden, sind der Schlüssel zu dieser noch unerforschten Krankheit?"

Als im Oktober der angepasste Impfstoff auf den Markt kam, habe ich mich sofort impfen lassen. Ich muss und möchte diese Krankheit, die viele bereits das zweite Mal innerhalb eines Jahres durchmachen, möglichst nie wieder bekommen und tue alles dafür. In Gemeinderatsgremien, in Beiräten, im Theater und bei anderen Kulturevents bin ich eine der Wenigen, oft die Einzige, die noch Maske trägt und werde das noch eine ganze Weile tun. Auch wenn mir die Pandemie ebenso zum Hals raushängt wie allen anderen.

Wie es mir jetzt geht? Ganz gut, manchmal sehr gut, manchmal so lala oder schlechter, immer wieder wie auf einer Wippe – ab und zu, als wäre ich ein rohes Ei auf dieser Wippe. Am liebsten ist mir, wenn die Frage niemand stellt. Nicht mehr ständig daran denken, was war. Man muss nicht jede Tür zur Vergangenheit nochmal aufmachen. Ich habe Corona überlebt. Ich lebe! Andere Dinge werden kommen und mich mitnehmen. Prost Neujahr!


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1 Kommentar verfügbar

  • bedellus
    am 28.12.2022
    Antworten
    nur mal so: wer ueber whatsapp gesundheitsdaten austauscht, hat unter umstaenden das kleingedruckte nicht gelesen oder nicht verstanden. der / die bundesbeauftragte fuer den datenschutz und die informationsfreiheit sitzt in der ecke und weint bitterlich...
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