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Amica

Frauen im Krieg

Amica: Frauen im Krieg
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Die Frauenrechtsorganisation Amica arbeitet seit fünf Jahren mit traumatisierten Frauen im Donbas. Darüber haben wir wenige Tage nach Kriegsbeginn mit der Projektleiterin Ukraine gesprochen. Der Standort in Mariupol ist heute Geschichte. Wie geht es weiter?

In den letzten Tagen von Mariupol ist der Kontakt abgebrochen. Für Britta Wasserloos fühlten sich diese nachrichtenlosen Tage an wie Jahre. Es war für alle Mitarbeiter:innen der Freiburger Frauenrechtsorganisation Amica die schlimmste Zeit seit Kriegsbeginn in der Ukraine. Wie geht es den Mitarbeiterinnen der Partnerorganisation, die in Mariupol ihr Beratungszentrum hatten? Haben sie es geschafft, viele Frauen aus der umkämpften Stadt zu evakuieren? Sind alle unversehrt? Das Rad drehte sich in Britta Wasserloos Kopf, „ja, ich habe schlecht geschlafen“, sagt die Projektleiterin Ukraine. Abgeschnitten von den täglichen Telefonaten machten die Sorgen ihre Gedanken zu einem Schlachtfeld.

Seit über acht Monaten ist Mariupol in russischer Hand. Die Amica-Partner:innen haben im April in Dnipro im Osten und im Mai in Iwano-Frankiwsk nahe Lwiw Beratungszentren errichtet. Seit Juli gibt es im Westen der Ukraine auch eine Notunterkunft. Die Mitarbeiter:innen der ukrainischen Partnerorganisation verteilen heute Lebensmittel, kümmern sich um Unterkünfte, vermitteln Jobs. Und sie beraten weiterhin traumatisierte und retraumatisierte Frauen mitten im Krieg.

Ausgabe 571, 09.03.2022

Frauennetzwerke fürs Überleben

Von Susanne Stiefel

Seit fünf Jahren arbeitet die Freiburger Frauenrechtsorganisation Amica mit traumatisierten Frauen im Donbas. Ein Gespräch mit Britta Wasserloos, Projektleiterin Ukraine, über die schwierige Nothilfe in Kriegszeiten und das Ziel einer geschlechtergerechten und friedlichen Welt.

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Die Arbeit wird nicht leichter. Häusliche Gewalt nimmt in Kriegszeiten ebenso zu wie sexualisierte Gewalt durch russische, aber auch durch ukrainische Soldaten. Darüber berichtet das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte. Das erfahren die ukrainischen Amica-Partner:innen in Gesprächen mit den Frauen, die bei der ukrainischen Frauenrechtsorganisation Berehynia Hilfe suchen.

Stolz sind alle bei Amica in Freiburg auf die Psycholog:innen, Sozialpädagog:innen und Rechtsanwält:innen in der Ukraine. Die haben so viele Menschen aus Mariupol evakuiert und an sichere Orte gebracht wie die Initiativen des Roten Kreuzes und der UN. Sie haben auch den Aufbau der neuen Anlaufstellen im Westen und Osten des Landes organisiert. Und sie haben es trotz der Kriegssituation geschafft, ihre frauenpolitische Arbeit weiterzuverfolgen: Im Juni hat das ukrainische Parlament die Istanbul Konvention zum Schutz von Frauen gegen Gewalt ratifiziert. „Es ist ein historischer Sieg für die Frauenrechte in der Ukraine und ein Beitrag zum Wandel der Kultur, der Mentalität und des Verhaltens gegenüber geschlechtsspezifischer Gewalt. Dieses Votum wird das Leben aller Frauen im Land positiv beeinflussen“, sagte Agnès Callamard, die internationale Generalsekretärin von Amnesty International. Sie äußerte sich erfreut über das Abstimmungsergebnis des ukrainischen Parlaments.

Doch auch der Kampf gegen die alltäglichen Einschränkungen im Krieg beschäftigt Amica und ihre Partner:innen vor Ort weiter. Sie brauchen Generatoren, weil die Infrastruktur in der Ukraine fast völlig zerstört ist. Sie brauchen Nähmaschinen für ihre Nähkurse, in denen Frauen ermächtigt werden, ihr eigenes Geld zu verdienen und auf eigenen Beinen zu stehen. Und nicht zuletzt ist die Betreuung traumatisierter Frauen eine langfristige Arbeit. „Wir sind also weiter auf Spenden angewiesen“, sagt Britta Wasserloos. Damit Frauen in Kriegssituation Schutz erfahren und am Friedensprozess mitwirken können. Wie es die UN-Resolution 1325 will.


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